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BAlKAN FOR BEGINNERS

Sitzen ist schön

TEIL 2

Der einfachste Gesprächsauftakt ist die Suche nach Toiletten, denn im Dunkeln ist auf dem riesigen Parkplatz keine zu finden und die Busfahrer halten die ihrigen hinter Schloss und Riegel. Aber Notdurft macht erfinderisch, und so wird kurzerhand die nach oben gerichtete Schaufel eines Baggerwracks zum kollektiven Klo umfunktioniert.

Um 6 Uhr in der Früh geht’s schließlich an Deck. Ein riesiger Aufenthaltsraum mit dem Charme einer Turnhalle; oben grelle Neonröhren, unten graue Sitzgruppen im Halbrund. Meine neu gewonnenen zehn kosovarischen Kumpels ergattern freie Plätze, nehmen mich in die Mitte und wollen alles wissen. Aber eigentlich nur eines: "Sag mal, wer sind die besten im Bett? Die Albaner, die Deutschen… sag!" Zwanzig Glutaugen auf mich gerichtet. "Die Serben", sage ich. Zwanzig Glutaugen gekränkt zu Boden gesenkt. Und irgendwann dann fallen auch ihre Augen zu, und die schlafenden Körper derer, die kein Geld für eine Kajüte haben, türmen sich immer höher. Wildfremde Menschen schlummern Wange an Wange, Fuß über Schulter. Nur ein paar Schnarcher durchbrechen die Grabesstille. In vielen Mythen dienen Fähren dazu, die Seelen der Toten in die Unterwelt zu schleusen – so sieht es auch hier aus.

Volle Kotztüten und leere Kajüten

Die Angebote der Weißhaarigen ausschlagend, investiere ich lieber doch ein paar Euros und versuche, mit drei albanischen Frauen eine Kajüte zu kriegen. Dutzende Türen stehen offen, doch die Damen an der Rezeption repetieren auf unsere Bitte immer wieder gelangweilt: "Later. Later perhaps." Wir schieben einer Dame unter der Hand zehn Euro zu, schon ist eine Kajüte frei.

Am Mittag treffe ich meine kosovarischen Kumpels wieder. "Ihr könnt bei mir duschen", sage ich naiv. Sie grinsen lasziv. Die Luft ist rein, meine Zimmergenossinnen an Deck. Ich schleuse die Jungs rein. Ein unbekannter Herr hat sich in die Gruppe geschmuggelt. Hübsch nach der Reihe gehen sie ins Bad, geben sich die Klinke und mein Handtuch in die Hand. Während der letzte duscht, verduften die anderen wie auf Kommando. Bloß im Slip kehrt jener zurück. "Ella, du denkst doch nicht, ich will nur duschen?" Ich lache und weise ihm die Tür. "Du meinst ja, aber du sagst nein", grinst er. "Du willst, aber du hast Angst!" Südosteuropäischer Chauvinismus in Perfektion. "Ella, du hast den größten Fehler deines Lebens begangen", und: "Ella, du wirst es immer bereuen", wird er mir später im Bus hundertfach zuraunen, ich werde nicken und er sich freuen, aber noch sind wir an Bord. Es klopft. Eine albanische Großfamilie steht vor der Tür. Ob sie mal bei mir kotzen dürften, wegen dem Seegang? "Immer man rein", flöte ich und reiche ihnen mein Handtuch. Und gehe an Deck. Nasen, Haare und Kotztüten flattern im Wind, und von Ferne winkt Italien.

Raststättenzauber. Leitplankengeplänkel

Und dann geht’s weitere 18 Stunden im albanischen Bus-Konvoi. Ob mir irgendwer sagen könne, welcher der drei Busse in Hannover hält? "Mädchen, kein Stress", grummeln die Fahrer, "das knobeln wir noch aus." Derweil werden die letzten Fresskörbe durch die Reihen gereicht, die letzten Maisfladen und gerösteten Maiskörner verputzt. Die Stimmung bleibt gelassen. Ich staune; diese langmütigen Albaner mit ihrer Eselsgeduld lassen sich noch den letzten Tropfen Maissaft auf der Zunge zergehen. Und so geht es fort, toskanische, alpine und bayrische Hügel hurtig hinauf und hinab. Raststättenzauber. Leitplankengeplänkel. Und dann sind wir plötzlich da. Ich steige aus. Und mir geht es blendend. Denn die Freude über diese Fahrt macht jedes Hunger-, Müdigkeits- und Durchfallgefühl wieder wett.

Auch schön:

Go Boris, you rock - Russlands lustigster Präsident live on stage

Koalition der Gelangweilten - Aus einem postrevolutionärenäres Weblog

Drüber reden? - Dieser Artikel wird hier im Forum diskutiert

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