MySpace
Reden statt Adden
TEIL 2
Super auch, dass man durch MySpace täglich von Typen angemailt wird, die auf der Suche nach ihrem Seelenverwandten sind. Alle weiblichen Mitglieder werden reflexartig mit Spam bombardiert. "Ich bin hier um… Frauen zu belästigen" kann man leider noch nicht in seinem Profil angeben. Dafür darf aber die ganze Welt wissen, ob man Kinder will, trinkt, raucht, welche Schulen man besucht hat und was man so arbeitet. Was mich aber stört: Warum erfahre ich nichts über den Brustumfang oder Penislänge meiner Freunde? Und wieso verheimlichen sie mir ihren aktuellen Kontostand?
3. MySpace macht Murdoch noch mächtiger
Ich will jetzt gar nicht von Pornographie, Waffennarren und Kinderschändern anfangen – alles lange bekannte MySpace-Phänomene. Auch, dass immer wieder Seiten angeblich versehentlich gelöscht werden, wie zuletzt die der queeren Band
Kids on TV
– scheiß der Hund drauf. Aber vielleicht sollten MySpace-Mitglieder doch wissen, wem sie ihre Daten so ohne Weiteres anvertrauen.
Der Mann heißt
Rupert Murdoch
, ist 76 Jahre alt und von Beruf Medienmogul. Er besitzt Nachrichtensender auf der ganzen Welt, fast zweihundert Zeitungen (darunter große Boulevardblätter wie die britische
Sun
) und Hollywood-Filmstudios wie
20th Century Fox
. Angeblich hat er bei drei Viertel der weltweit vertriebenen Medien seine Finger im Spiel. In Diktaturen nennt man so etwas Gleichschaltung. Murdoch gilt als strammer Konservativer und führt auch gerne mal Kreuzzüge gegen Gewerkschaften. Und dank MySpace hat er jetzt noch mehr Macht, seine Sicht der Dinge zu verbreiten. Vor zwei Jahren kaufte er das Portal den Gründern Tom Anderson und Chris DeWolfe ab – für 580 Millionen US-Dollar. Mitgliederzahl Ende März: Rund 160 Millionen, Tendenz: steigend.
Merke: Wer gedankenlos private Daten über seine Vorlieben, seinen Musikgeschmack, sein Alter und Einkommen online stellt, darf sich nicht wundern, wenn er danach mit Spam-Mails bombardiert wird. Wie? Das sind personalisierte Empfehlungen von MySpace? Ich muss mal kurz lachen.
Kommen wir nun zum vierten und schlagkräftigsten Argument für die Abschaffung von MySpace:
4. MySpace vergeudet wertvolle Lebenszeit
In der Zeit, die man darauf verschwendet, pink-blinkende Hintergründe für seine MySpace-Seite zu basteln, neue nichts sagende Kommentare oberflächlicher Bekannter zu beantworten oder nach Leuten mit einem ähnlichen Obstgeschmack zu suchen, könnte man vieles tun, was wirklich Sinn ergibt. Ein Buch lesen.
Bukowskis
gesammelte Briefe zum Beispiel. Ein paar leckere Sachen einkaufen, real existierende Freunde einladen und kochen. Sauerkrautauflauf zum Beispiel. Schmeckt Hammer. Man könnte sich auch aufs Sofa setzen und Musik hören. Das neue, Album der
Kings of Leon
etwa. Man könnte – so man das Glück hat – seinen Freund oder seine Freundin einladen, sich nackt ausziehen und aneinander herumspielen. Man könnte einmal in die Runde rufen und sich mal wieder in der Kneipe treffen statt online – so wie früher. Reden, lachen, saufen, gemeinsam abzustürzen. Kopfschmerzen am nächsten Tag inklusive. Ihr wisst schon. All die Dinge, die einen wirklich mit Anderen oder sich selbst verbinden. Macht ihr mit?
Auch schön:
Vergangene Woche
- Das Plädoyer für die CD
Drüber reden?
- Die Plädoyers werden hier im Forum diskutiert
Nach Hause
- Zuender. Das Netzmagazin