//Zitate-Blog//

Zitat des Tages

Es wird viel gesagt, wenn der Tag lang ist. Und es gibt viele lange Tage »

 

//Kochblog//

Rezeptor

Unser Topf soll schöner werden? Das Zuender-Kochblog hilft »

 

//Spielen//

Wir wollen Spaß

Kommt ins Bälleparadies – alle Spiele vom Zuender gibt es hier »

 

//Newsletter//

Post von Zuenders

Was gibt es neues aus der Redaktion? Unser Newsletter informiert Dich an jedem ersten Donnerstag im Monat. Hier anmelden »

 
////
Seiten: 1 | 2 »

Kavkas Elektrische Zahnbürste

Lieber Papa, liebe Mama, ...

... ihr seid jetzt über 60, auf euren Nachttischen türmen sich die Medikamente. Sollte ich mir Sorgen machen?

Vergangenes Wochenende habe ich meine Eltern besucht. Leider passiert das viel zu selten, vielleicht so vier- bis fünfmal im Jahr, und dann auch nur immer für wenige Stunden. In der Regel habe ich beruflich irgendwas in Bayern zu tun, und bevor ich dann zurück nach Berlin fliege, hetze ich noch mal kurz in die Nähe von Ingolstadt, um Mama und Papa in den Arm zu nehmen und nachzusehen, ob es ihnen auch gut geht.

Sie sind beide Anfang 60, und langsam nehmen die Wehwehchen zu und der Aktionsradius ab. Wenn man mit Ende 10, Anfang 20 von zuhause weg geht, sind auch die Sorgen um die Eltern noch weit weg. Sie gehen arbeiten, verreisen regelmäßig und müssen allenfalls hin und wieder zum Zahnarzt.

Zwanzig Jahre später ist die Situation eine andere. In der Küche und auf den Nachttischen türmen sich kuriose Medikamente, Pillen, die für oder gegen Dinge sind, von denen ich keine Ahnung habe und über die meine Eltern nicht gerne sprechen, schließlich soll ich mir keine unnötigen Sorgen machen. Es sind dies die Übergangsjahre, in denen das Blatt sich wendet - nicht mehr die Eltern sind für die Kinder da, sondern die Kinder für die Eltern.

Na ja, sollten zumindest. Aber jedes Mal plagen mich aufs Neue Sorgen, ein schlechtes Gewissen und eine dumpfe Melancholie, wenn ich meinen Leihwagen aus dem Hof des Hauses manövriere, in dem ich aufgewachsen bin, zum Flughafen und damit an einen Ort brettere, an dem meine Eltern ein einziges Mal in ihrem Leben waren, und kurze Zeit später lande ich dann da, wo ich wohne, im 600 Kilometer entfernten Berlin. Mama und Papa haben mich in den sechs Jahren, die ich da lebe, einmal besucht, zu Mamas Geburtstag. Da kamen sie mit dem Bus, so eine Art Pauschalreise, bei der sie einem Hotel weit draußen in Lichtenberg am Tierpark untergebracht waren und tagsüber, während ich arbeiten musste, eine Stadttour machten, bei der es eine Menge zu entdecken gab, weil meine Eltern zuvor nur einmal in ihrem Leben in Berlin waren, und das lange vor der Wende.

Es tat mir leid, dass ich sie nicht bei mir unterbringen konnte, aber meine Wohnung ist nur ein Raum ohne Zwischenwände, und ich hab nicht mal eine zusätzliche Matratze. Abends waren wir dann im ´Il Casolare´, Berlins Punkrockpizzeria. Das fanden sie ganz lässig, draußen an Biertischen diese leckeren, wagenradgroßen Pizzas zu essen, wie früher, als die Familie inklusive meines drei Jahre jüngeren Bruders Jahr für Jahr in den Sommerferien mit dem Wohnwagen zum Union Lido Campingplatz in Cavallino bei Jesolo abdampfte. Das fehlt mir - wie so vieles, das man nicht mehr zurück holen kann, zum Beispiel auch diese bezaubernde Sorglosigkeit, mit der meine Eltern anschließend in die U-Bahn in Neukölln (!) stiegen, um zum Hotel zurückzufahren, damit ich, der am nächsten Tag früh aufstehen musste, auch ja rechtzeitig ins Bett kam.

Ich bin mir nicht sicher, ob meine Eltern wirklich so ganz genau wissen, was ich die ganze Zeit so tue. Sie sehen mich jeden Tag im Fernsehen, und weil ich auch relativ selten anrufe, ist das für sie notgedrungen eine ganz probate Art, meine Befindlichkeit zu überprüfen. Besonders meine Mutter hat ein untrügliches Gespür dafür, wie es mir geht. Sie sieht, ob meine Augen strahlen oder trübe sind und hört ganz genau auf die Zwischentöne in meinen Moderationen, und wenn etwas nicht in Ordnung scheint, habe ich sie spätestens fünf Minuten nach der Sendung am Telefon, sei es auch nur, um ausgeschimpft zu werden, weil ich schon wieder den schwarzen Pulli mit dem Loch unterm Arm trage, Lügengeschichten erzählt oder geflucht habe.

Weiterlesen im 2. Teil »


 
 



 

//  Startseite //  // Politik // Kultur // Leben // Schwerpunkte // Bildergalerien //  // Adam Green // Redaktionsblog // Rezeptor // Markus Kavka // Selim Oezdogan // Sonntagstexte //  // Zitat des Tages // Spiele //  //
//  IMPRESSUM //

 

ZUM SEITENANFANG