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Kolumne

Popstars im Hochsicherheitstrakt

Wer die neue Platte von Robbie Williams Probehören will, muss sich in einem Kleinbus einsperren lassen. Das Schlimme daran: Auch die Stars selbst würden sich am liebsten wegschließen lassen

Es war eine bizarre Situation: Zusammen mit drei anderen MTV-Kollegen saß ich in einem Mercedes Minivan und hörte ´Rudebox´, das neue Album von Robbie Williams. Der Van war in speziellem Rudebox-Design, und damit es in der Box auch richtig rude war, wurde zum einen die Anlage tüchtig aufgedreht, zum anderen die Türen und Fenster geschlossen, und das in der prallen Sonne. Der Motor und damit die Klimaanlage waren natürlich aus.

Die Einladungen der Plattenfirma zu diesem Vergnügen waren handverlesen, und um dann auch wirklich in den Genuss dieses so genannten Prelistenings zu kommen, musste man zunächst eine Erklärung unterschreiben, die einem im Falle der "nicht körperlichen" (gemeint ist: elektronischen) Weiterverbreitung des Gehörten eine Strafe von 5001,56 € in Aussicht stellte. Damit man gar nicht erst auf derlei Dummheiten kam, wurde einem zuvor das Handy abgenommen. Nach anderen, sich möglicherweise am Körper befindlichen Aufnahmegeräten wurde man jedoch nicht abgetastet.

Es wurde rasch heiß und stickig im Rudebox-Van, und das, was da so aus den Boxen dröhnte, vermochte das Ungemach nicht wirklich zu lindern. Robbie Williams hatte offenbar Lust, eine Gesundschrumpfungs-ich-will-Spaß-ich-geb-Gas-Quatschplatte zu machen, die außer ihm niemand so richtig braucht. Ein bisschen Dance-Gedaddel hier, ein bisschen Rappen dort, ein bisschen Pop zwischendurch, dazu einen ganzen Schwung Coverversionen - klingt wie eine B-Seiten-Compilation, die seine, na ja, Fans irritieren, alle anderen eher langweilen wird.

Aber wird ihm gut tun, sich etwas von der ganz großen Bühne zu verabschieden. War ja alles ein bisschen viel für ihn in den letzten Jahren. Alle Nase lang taucht via Bild-Zeitung eine neue Alte aus dem Unterholz auf, die mit ihm angeblich die Nacht verbracht hat. Und während es früher noch Models und Studentinnen waren, sind es mittlerweile Friseusen und mittelmäßige Schlagersängerinnen. Robbie beantwortet neuerdings in Interviews auch keinerlei persönliche Fragen mehr. Die hat er noch vor gar nicht all zu langer Zeit mit viel Wortwitz und lustigem Geflunker pariert. Will er nicht mehr, jetzt darf´s nur noch um die Musik gehen.

Diese Praktik der Interviewzensur hält übrigens wie selbstverständlich immer mehr Einzug im Showgeschäft. Bei erfolgreichen Stars ist es mittlerweile Usus, die Fragen im Vorfeld zur Abnahme vorzulegen. Da kommen dann Faxe zurück, auf denen alles, was sich nicht direkt auf Single/Album/Video bezieht, vom Management durchgestrichen ist.

Man ist kurz geneigt, diese Farce in die Tonne zu treten, beugt sich dann aber doch, weil man hofft, vor Ort aus der Situation heraus, vielleicht doch die ein oder andere spannendere Frage stellen zu können - um schließlich aber festzustellen, dass das Interview beim ersten zarten Versuch sofort abgebrochen wird. Da reicht´s auch schon, Rihanna zu fragen, ob sie einen Freund hat, oder Beyoncé, ob sie mal Kinder möchte.

Ebenfalls weit verbreitet: Erst solche Fragen beantworten, anschließend das Interview unter Androhung von Klagen nicht frei geben. In den Printmedien ist es längst üblich, dass der fertige Text dem Befragten noch einmal zum Gegenlesen vorgelegt wird. Da werden dann Zitate entschärft, ganze Passagen rausgestrichen, oder, schlimmstenfalls: Das komplette Interview darf nicht abgedruckt werden. Unvergessen hierbei das Gespräch, das Henning Sußebach von der ZEIT mit Oliver Kahn führte, und das Kahn komplett zurück zog, weil er darin seine Maske abgelegt hatte und nur er selbst war. Ein Umstand, über den Sußebach schließlich einen Text verfasste, der selbstredend ohne ein einziges Zitat von Oliver Kahn auskommen musste, der möglicherweise aber wohl mehr über diesen sagte, als jedes unzensierte Interview.

Als Leser bzw. Zuschauer/Hörer erfährt man selten bis nie von derlei Begleitumständen. Man fragt sich dann, warum nur so langweilige Fragen mit entsprechend hohlen Antworten gestellt werden. Einerseits ist diese Schutzummantelung seitens Prominenter nachvollziehbar, der Boulevard treibt mit ihnen ja schließlich nicht zu knapp Schindluder, andererseits macht es zunehmend weniger Spaß, ein neugieriger Journalist zu sein.

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