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Kolumne

Möchte noch jemand Teil einer Jugendbewegung sein?

Wie ist das denn so heutzutage mit den Jugendbewegungen und der Subkultur? 1986 schien das Ganze so relevant und divers zu sein, dass Herr Hörmann, mein Sozialkunde-Leistungskurs-Lehrer, mir gestattete, eine Facharbeit darüber zu schreiben.


Durch weite Phasen meiner Jugend irrlichterte ich als Wave/Gruftie, und selbstverständlich waren das auch alle Leute in meinem engeren Freundeskreis. Schwarz war die einzig erlaubte Anziehsachenfarbe, Schnallenschuhe die einzig wahren Fußverzierungen und Gard Extra Stark das einzig akzeptierte Haarspray, um das toupierte Etwas auf den Kopf in eine Art Trichterform zu bringen. Dazu behängte man sich mit ordentlich Geschmeide wie Rosenkränzen, Sterbekreuzen und kleinen Silbersärgen, lackierte sich die Fingernägel schwarz und umrandete die Augen tüchtig mit Kajal. Die Musik dazu kam von The Cure, Depeche Mode, Bauhaus, Joy Division, Sisters Of Mercy, Dead Can Dance und Christian Death, politisch war man links bis desinteressiert. Mit all dem grenzte man sich ab gegenüber den anderen Protagonisten meiner Facharbeit, als da wären: Popper, Rocka-/Psychobillys, Punks, Ökos, Heavy Metals/Rocker, Skinheads und Mods.

Die Rivalitäten zwischen diesen Gruppen waren teilweise so stark, dass ich in meiner Arbeit sogar eine Art Diagramm angefertigte, wer denn nun mit wem wie auskommt. Wir Grufties bekamen beispielsweise von den Skins bei jeder Gelegenheit was aufs Maul, um die einschlägigen Wave-Discos herum gab es regelmäßig richtige Hetzjagden. Stellen wollte man sich nicht, weil man körperlich/numerisch ohnehin unterlegen war, vor allem aber, weil bei dem Gerangel schließlich Frisur und Klamotten kaputt gehen konnten. Aber Szenarien wie diese nahm man in Kauf, weil es einem wichtig war, was man tat und wie man aussah. Man wollte sich abgrenzen, und immer fanden sich Gleichaltrige, die den Weg mitgingen. Das ist heute anders. ´Bewegungen´ definieren sich nicht mehr in erster Linie übers Alter, sondern über Interessen. Neulich war ich auf so einer Manga-/Anime-Messe. Da turnten Leute zwischen 14 und 50 herum, die allesamt aussahen wie ihre gezeichneten Helden, und generationenübergreifend verstand man sich offenbar prächtig. Klar werden Gesprächsinhalte, die sich über Alter bzw. Lebenserfahrung oder Bildung definieren ausgespart, macht aber nichts, weil das gemeinsame Interesse mit all den Internet-Rollenspielen und -Foren auch so genug hergibt. All zu privat und persönlich soll es eh nicht werden, sonst würde die Tatsache, dass man seine sozialen Kontakte weitestgehend ins anonyme Internet verlegt hat, auch keinen Sinn mehr machen.

Ein ähnliches Bild, wenngleich auch wesentlich sozialer, bietet sich einem beim Konzert der Indie-Band des Vertrauens. Er 15, vor der Bühne, sie 40, weiter hinten, und beide finden sie Tomte gut. Vergleichbares ist auch zu beobachten bei HipHop-Konzerten und Raves. Von Jugendbewegungen kann man also nicht mehr sprechen, von Subkultur schon gar nicht, weil all diese Szenen längst auch von Kommerz und Mainstream vereinnahmt wurden. Nach diversen Retros, Neos und Crossovers besonders in den 90er Jahren, scheint mittlerweile alles so weit durchgekaut zu sein, dass authentisch Neues extrem rar geworden ist. Klar tauchen bei einem Dir En Grey-Konzert 2000 Visual Kei Leute auf, klar kommen bei einem Wave&Gothik-Treffen ein paar tausend Schwarzkittel aus ihren Kellern, aber eine klar definierte gesellschaftliche Rolle wie in den 80ern spielt das alles nicht mehr.

Offenbar haben sich die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen so verändert, dass Jugendkulturen zunehmend obsolet werden. Aufgrund der zunehmenden Individualisierung wird es immer schwieriger, klar erkennbare Abgrenzungsfolien zu finden. Oder ist es tatsächlich so, dass es eine einzige riesige Jugendbewegung gibt, und die Normalos mittlerweile eine Randerscheinung, sozusagen der Gegenpart des Mainstreams der Minderheiten sind?

Den Gedanken fände ich tröstlicher, denn irgendwie steht die dauerhafte Existenz von Jugend- und Subkulturen auch für die Stabilität und Integrationskraft einer Gesellschaft. Fällt mir grad noch ein: Auf der Mangamesse lief ein etwa 50-jähriger, korpulenter Typ in einem rosa Latex-Anzug mit Häschenohren herum. Sah putzig aus - aber von Jugendsubkultur kann man da jetzt auch nicht sprechen.

Auch schön:

Letzte Woche — Ich bin krank. Bitte helfen sie mir

Kavkas elektrische Zahnbürste — Jede Woche neu

Nach Hause — Zuender. Das Netzmagazin.


 
 



 

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