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Porno-Kunst

Die große Entgeilung

Besucher zeigen sich die Genitalien, Künstler Sado-Maso-Pornos – in der Wiener Ausstellung "Porn Identity" herrscht Hardcore-Sex im Überfluss. Das ist nicht erregend, aber wichtig.

Nein, die öffentliche Aufregung ist bislang ausgeblieben. Keine wütenden Briefe von Feministinnen oder Katholiken – noch nicht einmal die rechte FPÖ hat sich zu der Ausstellung The Porn Identity in der Wiener Kunsthalle geäußert. Alles, was es an Kritik gibt, sagt Kuratorin Angela Stief, ist die Klage einer besorgten Mutter, deren Kinder das Ausstellungsplakat gesehen haben - dieses zeigt eine nackte Frauenskulptur aus dem Film "Clockwork Orange", die über einem roten Dildo kniet.

Über mangelnde Aufmerksamkeit kann sich die Kuratorin dennoch nicht beklagen. Zur Eröffnung der Pornoschau vorige Woche kamen 1800 Besucher. Rund 70 von ihnen nutzten den Besuch um spontan an einer Performance der Künstlerin Marlene Haring teilzunehmen. "Show Me Yours, I´ll Show You Mine", hieß die Aktion bei der Interessierte mit Haring in einen Schrank steigen konnten, um sich gegenseitig die Geschlechtsteile zu zeigen. Drei Paare hatten dort drinnen auch Sex, sagt Angela Stief.  

Expeditionen in die Dunkelzone lautet der Untertitel, der zuvor in Rotterdam gezeigten Pornoschau. Und damit ist schon viel über das Ausstellungskonzept gesagt. In The Porn Identity geht es nicht um Stimulation, sondern vielmehr um das Ausloten verborgener Begierden. Irgendwo zwischen Kunst und Pornographie sind  jene rund 40 Video- und Installationsarbeiten angesiedelt, die das Triebhafte im Menschen behandeln. 

Das Verhältnis zwischen Feminismus und Pornographie beleuchtet etwa Louisa Achille in der Doku "The Naked Feminist". Sie interviewt ehemalige Pornodarstellerinnen wie Annie Sprinkle (ais Deep Throat) und Marilyn Chambers und berichtet von ihrem schwierigen Kampf heraus aus der Opferrolle. Sehenswert ist auch die Videoinstallation Dolores von Katrina Daschner, eine lesbische Adaptierung des Lolitamotives. Nabokovs Ich-Erzähler Humbert Humbert wird hier durch eine ältere Künstlerin ersetzt.  

Männliche Homosexualität behandelt dagegen ein selbstreflexiver Sadomaso-Porno des Künstlers Tobaron Waxman. In diesem erniedrigen zwei junge Männer einen anderen erst sexuell, nehmen ihn dann aber auch in den Arm und trösten ihn. Der Film zeigt eines der letzten, großen Tabus unserer Zeit. Denn in Österreich und Deutschland ist jegliche Gewaltpornographie verboten - unabhängig davon, ob die Darsteller den Handlungen zustimmen oder nicht.

Mit Installationen wie diesen trat die Kunsthalle vorige Woche eine Pornodebatte in Österreich los. Laufend erschienen neue Artikel zur Ausstellung, in Analysen und Kommentaren wurde gefragt: Wie frauenfeindlich sind Hardcorefilme eigentlich? Brauchen wir einen strengeren Jugendschutz oder einen offeneren Umgang mit dem Thema? Und überhaupt: Welche Wünsche, Ängste und Vorstellungen löst der Porno in uns aus?

Weiterlesen im 2. Teil »


 
 



 

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