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Humor

Der Therapeut

Deutschland teilen? Die Frauenkirche abreißen? Will der Satiriker und ehemalige Chefredakteur der Titanic Martin Sonneborn die Welt verbessern? Oder nur sich selbst heilen? Ein Interview

Herr Sonneborn, Sie haben Ihre Schulzeit auf einer katholischen Ordensschule verbracht, jetzt sind Sie Satiriker. Wie passt das zusammen?

Man wird in eine Familie geboren, die eine Religion praktiziert, und ohne große Rücksprache getauft. Genauso zufällig kann man Islamist oder sonst was werden. Ich weiß nicht mal, ob die Mehrzahl der Titanic - Mitarbeiter katholisch oder evangelisch ist. Es gibt aber keine praktizierenden Katholiken in der Redaktion. Und wenn es die gäbe, dann wären die weniger störend als ein paar Mohammedaner, die fünf Mal am Tag die Pointenarbeit unterbrechen oder ihre Witze in Richtung Mekka schreiben müssten.

Wie finden Sie den Papst?

Wenn ich an den Papst denke, fällt mir als erstes auf, dass er eng mit der Bild -Zeitung zusammenarbeitet, dem Blatt, das sich hinten durch Fickanzeigen finanziert und vorn schweinslederne Bibeln anbietet. Insofern ist er der dümmste Papst, den wir zurzeit haben. Mein Gott. So lange der Mann aber nicht über Berlin hereinbricht oder hier einen Kirchentag installiert, ist er mir relativ egal.

Was ist Ihnen heilig? Worüber darf man keine Witze machen?

Ein guter Witz ist mir heilig. Es gibt sicher ein oder zwei Dinge, über die ich keine Witze machen würde, weil sie in einem unglücklichen Zusammenhang stehen können. Es gibt Tabuthemen, bei denen man schon zwei oder drei Mal über eine Formulierung nachdenkt. Ich würde aber nichts von Vornherein ausschließen, wir sind eher im Gegenteil auf der Suche nach diesen Tabuthemen, um uns daran zu reiben. Das macht ja den Spaß aus. Ich würde ganz dogmatisch sagen: Man darf erstmal über alles lachen und Witze machen.

Nach welchen Tabus suchen Sie?

Ein Beispiel war die Deutsche Einheit – ein Thema, an dem wir uns seit der Grenzöffnung abarbeiten. "Die endgültige Teilung Deutschlands, das ist unser Auftrag", so steht es im Titanic -Impressum. Auch die Gründung unserer Partei Die Partei im Jahr 2004 geht darauf zurück. In den Feuilletons wurde damals überhaupt nicht thematisiert, dass wir eben nicht ein Volk sind – wir und die da drüben. Dass es nämlich kulturelle, historische und wirtschaftliche Unterschiede gibt. Es gibt aber auch andere Tabus. Ich bin für jeden guten Judenwitz zu haben. Trotzdem habe ich als Chefredakteur immer aufgepasst, dass da nicht zu viel Beifall von der falschen Seite kommen kann. Wir sind nicht leichtsinnig bei solchen Themen, aber wir machen grundsätzlich jeden guten Witz.

Wer stellt die Tabus auf, gegen die Sie rebellieren wollen?

Das klingt jetzt wieder ein bisschen nach Schulzeit. Wir wollen nicht um jeden Preis "rebellieren". Es macht einfach Spaß, Tabus zu unterlaufen. Das ist eine ganz persönliche primitive Freude und ich möchte das gar nicht weiter ergründen. Die Gesellschaft setzt Tabuthemen, und wir respektieren sie nicht.

Und die Gesellschaft ist ein anonymer Haufen?

Sie ist kein anonymer Haufen, sondern ein Großteil des deutschsprachigen Volkskörpers, der in seiner historischen Ausprägung Tabus entwickelt hat. Es ist aber auch gar nicht der Sinn von Satire, das wissenschaftlich zu ergründen. Wir stellen einfach fest, dass es Spaß macht, Tabus zu unterlaufen.

Humor ist immer auch ein Schutzmechanismus. Wogegen müssen Sie sich schützen?

Ich glaube, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt, auf den Irrsinn der Welt, die uns umgibt, zu reagieren.

Was ist irre an der Welt?

Ich fürchte, das führt zu weit. Das wird hier sonst eine Kapitalismuskritik und eine Kritik dieser von Medien geprägten Gesellschaft und ihrer Werte. Konstatieren wir doch einfach, dass dies nicht die beste aller Welten ist, dass vieles falsch läuft, und dass sich darüber gut satirisch witzeln lässt.

Wie sieht das Therapieziel aus? Können Sie eine Vision skizzieren?

Das machen wir ja ansatzweise durch die Gründung der Partei. Es ist aber nicht die Aufgabe eines Satiremagazins, Visionen oder bessere Wege aufzuzeigen. Unsere selbst gewählte Aufgabe ist die Kritik mit komischen Mitteln. Mir ist es auch lieber, mit komischen Mitteln zu kritisieren, als selbst bessere Wege aufzuzeigen. Dafür stehen gewählte Parlamentarier zur Verfügung – und das sind ja, wie Sie in unseren Hinterbänkler-Interviews auf Spam sehen können, nicht die schlechtesten Köpfe ...

Wofür stehen Sie mit der Partei ?

Es gibt etwa im Landesverband der Partei Hamburg , der jetzt gerade den Wahlkampf gegen Naumann und von Beust begonnen hat, Sachkunde und Visionen und alles, was Sie haben wollen. Die bundespolitische Spitze dagegen konzentriert sich auf billigsten Populismus ohne Inhalte, beziehungsweise mit beliebigen Inhalten, die eine größtmögliche demokratische Mehrheit garantieren sollen.

Geht das konkreter?

Klar. Man äußert Schlagworte, die Medien verbreiten sie. Wahrscheinlich werden Sätze, die über acht Worte hinausgehen, sowieso nicht wahrgenommen. Insofern setzen wir darauf, dass wir einfach die schmierigsten Plakate und die populistischen Propaganda-Phrasen präsentieren. Wir leben in einer Demokratie, und wir wollen schließlich die größtmögliche Menge an Wählern abfischen.

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