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Berlinale: Interview

"Beim Balzen geht es um Ego und Macht"

In der Verfilmung von Michel Houellebecqs "Elementarteilchen" erprobt sich Moritz Bleibtreu in der Rolle des Bruno in sexueller Devianz. Im Zuender-Interview spricht der Schauspieler über Sex, Genderhierarchien und die Krise der Männlichkeit

Was hat dich an der Rolle des Bruno gereizt?

Bei Filmen geht es für mich mehr um das Gesamtinhaltliche als um die einzelne Rolle. „Elementarteilchen“ hat mich sehr beeindruckt: Houellebecq erklärt auf 400 Seiten mal eben, warum alles so scheiße ist – und das mit derart viel Intelligenz und analytischem Scharfsinn. Das heißt jetzt aber nicht, dass ich alles eins zu eins unterschreiben würde. Ich bin ein optimistischer Mensch. Und obwohl ich Herrn Houellebecq in sehr vielen Dingen Recht geben muss, weigere ich mich, die Welt so zu sehen.

Nun ist die Weltsicht nicht durchgängig. Das Buch hat ja durchaus komödiantische Aspekte.

Richtig. Das satirische Moment, das in allen Houellebecq-Büchern steckt, bekommen sicher die wenigsten mit. Ich fand es jedenfalls sehr interessant, zu versuchen, daraus einen Film zu machen – noch dazu einen aus Deutschland. Man muss überlegen, wie weit man dem Buch folgen will und wo man sich vom Text lösen möchte. Das Buch beschäftigt sich hauptsächlich mit der Beschreibung von Innenwelten. Das ist filmisch nicht umsetzbar, es sei denn, man benutzt 120 Minuten Off-Texte. Ich glaube, wir haben da einen ganz guten Mittelweg gefunden. Dadurch, dass sich der Film – insbesondere im letzten Drittel – ganz stark vom Roman unterscheidet, zeigt sich doch so etwas wie ein kleiner Hoffnungsschimmer. Der Glaube an die Menschen geht nicht ganz verloren.

Wie recherchiert man denn eine Rolle als Sex-Maniac? Muss man dazu einen Vor-Ort-Termin im Swinger-Club abhalten?

Nein. Bei vielen Rollen geht es um technische, faktische Dinge: Wie hält ein Polizist eine Pistole? Wie hält ein Arzt einen Tupfer? So etwas muss man recherchieren. Beim Bruno in „Elementarteilchen“ geht es hingegen um ein Defizit, um ein Problem, das viele Menschen teilen. Die Figur zerbricht im Endeffekt daran, den eigenen Platz zu finden. Bruno kommt mit dem hierarchisch aufgeteilten Verhältnis der Geschlechter nicht klar – das zudem immer unklarer wird. Bruno kann sich sexuell in dieser Situation nicht mehr artikulieren. Das hat wahrscheinlich damit zu tun, dass das, was Sexualität ja eigentlich ausmacht – Liebe, Intimität und Unschuld – für ihn nicht erfahrbar ist.

Nun kann Bruno das aber auch nicht erwarten, wenn er sich als Lehrer seiner Schülerin Johanna derart aufdringlich – um es vorsichtig zu formulieren – nähert.

Viele Menschen haben kein Gespür dafür, wie weit man gehen kann – und Bruno erst recht nicht. Das Allerwichtigste bei zwischenmenschlichen Beziehungen ist der gegenseitige Respekt. Ich mag die Szene aber sehr gerne. Denn eigentlich will Bruno nichts Böses. Er ist keiner, der anderen Leuten weh tun will – und Frauen schon mal gar nicht. Bruno hasst zwar die Welt. Aber noch mehr hasst er sich selbst.

Das ist ja stets das Irritierende bei Houellebecq: Alles geht schief, die Ursachen sind aber nie individuelle Verfehlung, die Gesellschaft, die Umstände, die Biologie. Es ist immer alles auf einmal, alles verdichtet sich zu einem Bedrohungsszenario, aus dem es kein Entrinnen gibt. Wie arbeitet man das heraus? Wieso hast du Bruno nicht als eindimensionalen, tollwütigen Wahnsinnigen gespielt?

Das war schwierig. Beim ersten Lesen der Rolle bieten sich wahnsinnig einfache Möglichkeiten. Auf die springt man natürlich auch sofort an. Doch bei den Proben merkt man schnell: Je plakativer man die Figur darstellt, desto falscher liegt man. Doch sobald man den Wahnsinn als alltägliche Gegebenheit zulässt und nicht die Figur verantwortlich macht, nähert man sich einer Lösung. Je kleiner man die Gesten gestaltet, desto richtiger wird das. Und plötzlich ist alles noch viel verrückter und wahnsinniger, als wenn man die schauspielerische Keule herausholt.

Weiterlesen im 2. Teil »


 
 



 

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