Wie hat sich das Setting des Wahnsinns denn auf den Dreh der drastischen Sexszenen ausgewirkt?
Gar nicht. Sexszenen sind im Grunde immer gleich. Man muss das mögen. Ich bin allerdings ein Mensch, der sich nicht so wahnsinnig gerne vor der Kamera auszieht. Ich finde das nicht unbedingt angenehm, es macht einfach keinen Spaß. Man hängt da nackig am Set rum, muss sich ständig mal so und mal so drehen, den Kopf dann hierhin und dorthin. Der Dreh im Swinger-Club war einfach ermüdend. Wenn die Szene nicht sitzt, muss man das noch mal machen und noch mal und noch mal. Ob die Szene dann mit Festbinden ist oder ohne, ist dann auch egal. Aber gut da muss man durch. Es gibt Kollegen, die sehen das natürlich ganz anders. Ein gewisses Maß an Exhibitionismus schadet dem Beruf des Schauspielers sicher nicht. Aber ich muss das nicht haben.
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Wieviel gibt man bei einer schauspielerischen Tätigkeit denn von sich preis? Wieviel Bruno steckt in Moritz Bleibtreu?
Nicht viel. Aber Schmerz ist Schmerz, ob es nun eine Mittelohrentzündung oder ein Weisheitszahn ist. So verhält es sich auch mit emotionalem Schmerz. Am Ende des Tages ist es egal, woher der Schmerz oder die Sehnsucht kommt. Das ist der Punkt, wo man eine Figur wie Bruno letztendlich verstehen kann. Er ist einsam und sehnt sich nach allem, wonach man sich sehnen kann in dieser Welt. Er fühlt sich nicht verstanden und wäre am liebsten nicht hier. Das sind Gefühle, die jeder in seinem Leben früher oder später erfährt.
Nun ist Houellebecq ja kein Innerlichkeitsautor. Sein Oeuvre verhandelt neben einer biologistischen Sicht auch immer die Krise der Männlichkeit, wie sie seit den 80ern zu beobachten ist.
Sicher, da ist ja auch was dran. Es wäre jetzt falsch zu sagen, dass Männer sich nicht mehr an Frauen rantrauen, da diese nun Hosen tragen. Doch das Balzverhalten der Männer dreht sich durchaus um Ego und Macht. Dadurch entsteht eine schwierige Situation: Ein Teil des Problems scheint mir zu sein, dass ein gewisses Orang-Utan-Verhalten einerseits erwartet wird und als attraktiv gilt. Andererseits ist das dem neuen Mann aber streng verboten.
Eine Definitionskrise also.
Nicht nur. Der Unsicherheit der Männer steht eine Gewissheit der Frauen gegenüber, die nämlich Gepose gerade nicht als Ausdruck von Unsicherheit verstehen. Das Stereotyp besagt ja: Männer wollen bumsen. Das heißt aber nicht, dass sie in Wirklichkeit keine Angst davor hätten. Haben sie aber. Wenn Frauen wüssten, was Sex überhaupt für ein Act für Männer ist und wieviel von dem Gepose nur gespielt ist, weil man die Hosen voll hat! Mit was für Ängsten, Zweifeln und Selbstvertrauenskrisen Männer da zu tun haben, das ahnen Frauen noch nicht einmal.
Der Film "Elementarteilchen" läuft am 23. Februar in den Kinos an