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Gefühlslupe

Warten auf die Zukunft

Aggressionspotential bietet der Alltag auch dort, wo man es zunächst vielleicht gar nicht vermuten würde. In einer Warteschlange zum Beispiel, aber nicht in irgendeiner: die vor dem Zelt einer Wahrsagerin ist von ganz besonderer Qualität

Samstag, früher Abend. Shopping-Endspurt fürs Wochenende, die City ist voll, in einer Einkaufspassage hechelt alles durcheinander. In der Mitte der Passage: ein Wahrsagerzelt. Vor dem Zelt: eine Menschentraube. Unter den Wartenden: ich. Was zum Teufel ich hier treibe? Dazu komme ich gleich. Erst einmal muss ich mich von einem Rollenwechsel erholen: Galt ich eben noch als ernstzunehmender, verantwortungsvoller Mensch, bin ich von jetzt auf gleich zu einem schlichten, realitätsverneinenden, unbedarften Persönchen geschrumpft, allein durch die Tatsache, dass ich mich hier angestellt, mich eingereiht habe, anstatt mit überlegenem Kopfschütteln weiterzuschweben. Das sagen mir die Blicke der übrigen Passanten, die uns mitleidig und befremdet taxieren. Die beiden alten Damen da hinten, die sich belustigt an die Stirn tippen oder der Intellektuelle da vorne, der uns über den Rand seiner Brille eine „düüüstere Zukunft“ prophezeit. Wahrsagerei ist nun mal im kollektiven Gedächtnis als Bullshit abgespeichert.

„Die lügt doch wie gedruckt!“

Es ist mir auch peinlich an diesem Ort auszuharren, deren bloßstellender Effekt nur noch davon übertroffen werden könnte, sich jetzt und hier alle Klamotten vom Leib zu reißen. Die Leute wissen ja nicht, was zum Teufel ich hier treibe. Aber dazu komme ich gleich. Erst einmal muss ich mich üben im Spießruten-Stehen für „Shoana-schaut-für-Sie-in-die-Zukunft“: die klassisch Glutäugige, Schwarzgelockte, die vorne im Zelt ihre Karten mischt. Und schon jetzt nicht nur Freunde hat. „Die lügt doch wie gedruckt!“, der Mann hinter mir moppert lauthals los. „Zweimal war ich jetzt schon bei der! Und nichts davon ist eingetroffen, was die gesagt hat!“ Eine ältere Dame vor mir wendet sich freundlich um: „Jetzt üben Sie sich doch mal etwas in Geduld! Warum stellen Sie sich denn sonst noch an?“, fragt sie, und eine junge Frau mit spitzer Nase und streng zurückgebundenen Haaren pflichtet bei: „Echt! Wer so skeptisch ist, braucht hier nicht zu warten, dann wär’ man auch viel früher an der Reihe.“ Vorwurfsvoll rückt sie ihren Zopf zurecht. Der Typ blinzelt schmallippig, „schon gut, schon gut, ich glaub ja dran... mal sehen, was sie diesmal so erzählt...“

Die ältere Dame trainiert weiter ihr nachsichtiges Lächeln, doch jenes rutscht ihr vom Gesicht, als sie sich wieder nach vorne dreht. Zwei schulpflichtige Freundinnen eines kaugummikauenden Piercing-Püppchens vor ihr haben sich unter die Wartenden gemogelt. Die Frau ruckelt erbost am Arm des jungen Mädchens, „wenn das alle so machen würden! Da wundert sich unsereiner, warum das hier so lange dauert!“ Die Kaugummikauende guckt gelangweilt. „Was’n, haben Sie Ihre Tage oder was? Jetzt üben Sie sich doch mal etwas in Geduld...?“, kichernd stecken sie und ihre Freundinnen die Köpfe zusammen. Der schmallippige Typ grinst schadenfroh, die ältere Dame schweigt gekränkt. Und ich staune ob der gespannten Atmosphäre hier.

Ein bisschen Farbe in den Alltag pinseln

Weiterlesen im 2. Teil »


 
 



 

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