Marion Fischer, zum Beispiel, nennt ihre Furry-Identität "EosFoxx" und lebt ihre Fantasien beim Zeichnen aus. Wie ihre Künstlerfreunde "Khaosdog" oder "Akeyla" hat sie einen Stand auf der Eurofurence. Einmal im Jahr sehen die Fans die Menschen hinter der Kunst, die ansonsten im Internet kursiert.
Außerhalb von Veranstaltungen wie der Eurofurence kommuniziert die Furry-Szene über das Netz. In Foren, Blogs und Wikis trifft man sich und tauscht selbstgeschriebene Furry-Geschichten und Bilder. "Häufig haben Furries beruflich mit dem Internet zu tun und finden so zu uns", sagt Sven Tegethoff, der IT-Projektmanager ist. Dass viele Furries in der IT-Branche arbeiten, erklärt auch den hohen Männeranteil von etwa 80 Prozent.
Die Liebe zu Fabelwesen wird nicht nur durch die eigene Fantasie befeuert, sondern auch durch Kinderbücher und –filme. Der Zeichentrickfilm Felidae, der von den Abenteuern eines Katers erzählt, gehört zu den Klassikern, ebenso wie der Roman Unten am Fluss, der von einer Reise von Waldtieren erzählt. "Ich habe noch nie Cap und Capper gesehen", gibt ein Tagungsgast zu. "Das wird mir immer wieder vorgehalten." Der "totale Klassiker" ist laut Tegethoff aber Der König der Löwen.
Für einige Furries ist die Fankultur lebensbestimmend. "Für mich ist das ein Stück Selbstfindung, meine ganze Denkweise richtet sich danach aus", sagt der 18-Jährige Markus, alias "Garra", ebenfalls ein Gepard. Er versuche viel mit seinen Urinstinkten zu arbeiten.
Seinen Nachnamen will Markus mir nicht verraten. Er möchte lieber nicht erkannt werden, die Furry-Gemeinde bleibt unter sich. Auch Kostümierte lüften öffentlich nie ihr Gesicht. Sie sind so scheu, wie die Tiere, die sie imitieren. Ihre Erfahrungen zeigen: die Gesellschaft versteht sie nicht. "In den USA werden wir Furries für kindisch gehalten", sagt Samuel Conway, der in Pittsburgh die weltweit größte Furry-Tagung Anthrocon mit fast 3000 Besuchern organisiert.
Wegen dieser sozialen Ächtung ist die Eurofurence eine geschlossene Massenveranstaltung. Hier können Erwachsene seelenruhig mit Plüschtieren unterm Arm unter Gleichgesinnten flanieren. Für Kostümträger gibt es eine eigene Disko, mit langsamer Musik und weniger Nebel. Ohne den Schutz des anonymen Internets bauen sich die Furries fünf Tage im Jahr so eine reale abgeschottete Welt.
Tatsächlich fühle ich mich als Fremder und Unverkleideter unter all den Kostümen und Schweifen nackt – ich bin nackt unter Wölfen, Füchsen und anderen Fabelwesen. Angst muss ich aber keine haben. "Furrys wollen Harmonie", sagt Sven Tegethoff. Und zum Beweis legt er nur wenig später seinen Arm um seinen Freund, den roten Drachen.