Zuender: Dein Debütroman "Das war der gute Teil des Tages" erzählt von einer deutsch-israelischen Liebesgeschichte, der Held im Buch heißt auch Tom – ist das Zufall oder Absicht?
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Bäuerlein: Durch den echten Tom hat mein Buch nochmals einen Schub bekommen. Aber die Figur in meinem Buch hieß vorher schon Tom. Als ich meinen Tom dann kennenlernte, kam es mir vor, als hätte ich meine Zukunft beschrieben. Die Protagonistin Lena jobbt in einem Autistenheim, so wie ich das auch gemacht habe. Im Buch gibt es 50 Prozent autobiografische Anleihen, etwa so viel wie bei der Neon-Kolumne. Ich hatte vorher andere Vorstellungen von den Figuren, aber jetzt finden sich teilweise Sätze in dem Buch, die wirklich so gefallen sind.
Zuender: Manche von den Sätzen in deinem Buch sind ziemlich hart, etwa als Lena die Pille danach nimmt und Tom sagt, sie vernichte gerade jüdische Gene.
Bäuerlein: In der Realität reißen mein Tom und seine Freunde manchmal auch so komische Sätze. Ein Beispiel: Als in Toms Wohnung das Gas alle war und später dann wieder ging, sagten seine Freunde zu mir: "Willst du uns eine Dusche anbieten?" Da friert einem das Gesicht ein. Manche Israelis kennen beim Holocaust keine Grenzen; oft geht es darum, mit dem Entsetzen fertigzuwerden.
Zuender: Jede, die als Deutsche schon mal in Israel war, kennt die Fragen: Bist du Jüdin, hast du hier Familie? Wenn man verneint, wird man oft erstaunt gefragt: Was machst du dann in Israel?
Bäuerlein: Ja, viele verstehen nicht, dass man freiwillig hierher kommt, ohne Familie und ohne religiösen Bezug. Es gibt auch viele israelische Familien, die es nicht mögen, wenn ihr Sohn oder ihre Tochter mit einem Nicht-Juden zusammen ist. Mit Toms Familie hatte ich Glück: Sie akzeptieren unsere Liebe, noch nie hat jemand etwas Negatives über uns gesagt. Toms Großmutter kommt aus Deutschland – sie war im KZ Theresienstadt. Wir reden Deutsch zusammen, sie ist eine richtig tolle Großmutter.