In den vergangenen acht Jahren haben sich die Kinder in Deutschland gut eingelebt: Liana wurde 2007 sogar zur Klassensprecherin ihrer siebten Klasse gewählt. Grischo war beliebtes Mitglied eines Boxvereins und bereitete sich auf seine ersten Kämpfe vor. Und auch Sona, die jüngste Tochter, hat hier viele Freunde.
Es ist selten, dass geduldete Personen nach so langer Zeit noch aus Deutschland ausgewiesen werden. Meist erhalten sie, sofern sie eine Arbeit finden konnten, nach sechs Jahren sogar ein dauerhaftes Bleiberecht. Im Falle der Grigorjans verweigerten die Beamten aber diesen Schritt. Sie werfen der Familie vor, unter falschen Namen eingereist zu sein. Außerdem soll Ruben Grigorjan straffällig geworden sein.
Die Folge dieser Entscheidung war, dass die Kinder acht Jahre lang zwischen allen Stühlen saßen. Einerseits konnten sie aus Deutschland nicht abgeschoben werden. Andererseits wurde ihnen ein normales Leben in Deutschland unmöglich gemacht. Verglichen mit dem, was Liana und Grischo in Armenien erwartet, war es dennoch ein gutes Leben.
Mehr als drei Monate sind die beiden nun schon in der armenischen Hauptstadt Eriwan. Da der Vater Angst um sie hat, wechselt die Familie etwa alle drei Tage die Bleibe. In einigen Unterkünften gibt es morgens nur zwischen sechs und neun Uhr Wasser, in anderen nur abends zwischen acht und zehn. In einer Schule waren Liana und Grischo in Armenien noch nie. Was sollten sie dort auch tun? Sie können nicht einmal armenische Buchstaben lesen.
Am schlimmsten ist aber die Trennung von der Mutter. Vor allem Grischo leidet darunter. In letzter Zeit beobachtete seine Schwester häufig, wie er sich zurück zieht und mit niemanden reden möchte. "Das ist voll tragisch", sagt Liana. "Mein Bruder ist noch ein Kind, er begreift das alles nicht."
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Wann Liana und Grischo ihre Mutter und kleinen Schwester wieder sehen werden, ist ungewiss. Zunächst erhofften sich die Grigorjans noch Hilfe von der Hamburg Härtefallkommission – erfolglos. Zugleich blockierte die Ausländerbehörde die Arbeit der kirchlichen Rechtsberatung – bis heute verweigert die Behörde jegliche Einsicht in die Akte des Vaters. Auch brachte die Ausländerbehörde die Straffälligkeit des Vaters an die Öffentlichkeit, laut Anne Harms von Fluchtpunkt ein eindeutig rechtswidriges Vorgehen.
Was kann die Familie noch tun? Für einen nachträglichen Asylantrag ist es zu spät. Wenn die Familie allerdings belegen könnte, dass den Kindern in Armenien Gefahr droht, könnten diese trotzdem nach Deutschland zurückkehren. Die Grigorjans müssten dazu beweisen, dass die Abschiebung aus humanitären Gründen nicht hätte stattfinden dürfen. Klar ist, dass die Familie eines Tages wieder zusammen geführt wird. Die Frage ist nur, ob dies in Armenien oder Deutschland passiert.