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Monarchie

Ein Herrscher fürs Herz

Sie sind jung und sie haben eine Mission: Deutschland soll wieder Kaiserreich werden. Ein demokratisches, natürlich.

Schloss Augustusburg ist ein repräsentativer Ort. Vor den Fenstern des Besuchercafés erstreckt sich ein weitläufiger Park, Fontänen steigen meterhoch in die Luft. Drinnen tönt der Radetzkymarsch aus unsichtbaren Lautsprechern. Die vier jungen Männer im Tagungsraum tragen "Couleur" – gestreifte Bänder, mit denen sie ihre Zugehörigkeit zur "Kaisertreuen Jugend" zeigen.

"Wir wollen mehr Monarchie und mehr Basis-Demokratie", sagt Jens Schwarze, der Erste Vorsitzende. Was zunächst wie ein Widerspruch klingt, bringt der 22-jährige Student aus Marburg rasch in einen logischen Zusammenhang. Zunächst müsse ein Referendum in Deutschland durchgeführt werden, damit das Volk "endlich über die deutsche Verfassung abstimmen" könne. Eine Neufassung der Verfassung freilich. Nach dieser würde dann statt des Bundespräsidenten ein Erbmonarch das höchste Amt im Staate einnehmen, am besten einer aus dem Hause Hohenzollern – als Kaiser von Deutschland.

"Es ist wahrscheinlich, dass ich das nicht erleben werde", gibt Jens Schwarze zu, doch ist es ihm wichtig, der Öffentlichkeit einen Denkanstoß zu geben. Ein Monarch könne ein volksnahes Staatsoberhaupt sein, da er nicht darauf angewiesen wäre, wiedergewählt zu werden. Und somit unabhängiger von den "Ränkespielen der Parteien und Lobbyistengruppen".

Video: Kaisertreue Jugend

Dass man es mit solchen Ideen nicht leicht hat, liegt auf der Hand. Man wird schnell in die rechte Ecke gestellt, erst recht, wenn man so ordentlich gescheitelt ist wie Moritz Thamer. Er leitet die hessische Kaisertreue Jugend, die im März gegründet wurde. Moritz Thamer ist 17 Jahre alt und geht noch zur Schule. Seine Klassenkameraden halten ihn für einen Exoten, dessen Ansichten sie respektieren; doch muss er sich im Geschichtsunterricht auch immer wieder den Vorwurf gefallen lassen, reaktionär oder sogar rechtsradikal zu sein. Dabei sei die Monarchie eine Regierungsform, die mit den meisten demokratischen Denkweisen harmoniere. In den europäischen Ländern, in denen es noch Könige gibt, seien sie nicht selten auch bei Liberalen beliebt, sagt er.

"Ich habe beim letzten Mal SPD gewählt", räumt Michael Sonntag freimütig ein. Er ist der Zweite Vorsitzende des Vereins und arbeitet als Bürokaufmann in Düsseldorf. Ihm geht es darum, dem Staat durch einen Kaiser ein Gesicht zu verleihen: "Wer kennt die Präsidentin von Finnland? König Karl Gustav von Schweden hingegen kennen die meisten." Ein Kaiser sei eben "wat für’s Herz", sagt er mit seinem breiten Düsseldorfer Akzent. Er könne als Identifikationsfigur dienen und dem Staat ein Gesicht geben. Der 32-Jährige erhofft sich, dass dadurch die Politikverdrossenheit abnimmt, sich die Gesellschaft vom rein wirtschaftlichen Denken löse und sich dafür wieder mehr um innere Werte sorge.

Bisher sind die Monarchisten nicht viel mehr als eine Randerscheinung im politischen Spektrum. Etwa 30 Mitglieder hat die Kaisertreue Jugend, und auch der Bund aufrechter Monarchisten, der entsprechende Seniorenverband, bewegt sich in dieser Größenordnung. Beide haben sich abgespalten aus dem Verein Tradition und Leben , dessen Wurzeln sich schon in der Weimarer Republik finden. Auch Tradition und Leben , hat heute kaum mehr Mitglieder als die beiden Ableger.

Eine Gemeinsamkeit der verschiedenen Kaisertreuen ist ihr ausgeprägtes Interesse für Geschichte. "In mir ist der Hang zur Monarchie durch meinen Großvater geweckt worden", erzählt Tobias Vitten, der Kassenwart. Der Opa war Geschichtslehrer und Direktor einer Realschule. Mit ihm habe er Ausflüge zu Schlössern und Burgen gemacht und viel Zeit mit seinen historischen Büchern, Bildern und Landkarten verbracht. "Auch er hatte wohl einen Hang zur Monarchie." Vor allem die Bilder faszinieren ihn bis heute. Wenn er einen Staatsbesuch im Fernsehen sieht, gerät er ins Träumen. "Wie schön wäre es, wenn statt des Präsidenten der Kaiser deutsche Staatsgäste empfangen würde! Wie schön wäre es, wenn der Repräsentant Deutschlands der englischen Königin auf Augenhöhe begegnen könnte!"

Einig sind sich alle vier darin, dass die Deutschen insgeheim einen Hang zur Monarchie haben. Warum sonst sind die Zeitschriften voll mit Adligen? Warum sonst explodieren jedes Mal die Einschaltquoten, wenn Rolf Seelmann-Eggebrecht die Geburtstagsparade der Queen kommentiert? Nur der potenzielle Kaiser selbst macht seinen Getreuen einen Strich durch die Rechnung. Mit vornehmer Zurückhaltung beantwortet Thronprätendent Georg Friedrich, Prinz von Preußen, alle Fragen nach einem politischen Amt: "Diese Frage stellt sich nicht." Aber selbst das ist für Jens Schwarze kein Grund zu verzagen: "Wie sähe das denn aus – der zukünftige Kaiser im Wahlkampf?"

Auch schön:

"Leitkultur ist missverständlich" - Günther Beckstein über die deutsche Jugend

Spießer werden? - Ric Graf hat ein "Generationenbuch" geschrieben

Drüber reden? - Dieser Artikel wird hier im Forum diskutiert

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