Jugend in der DDR

Homosexualität?

Peter M. Buhr

Berlin, Berlin, Berlin! Bei uns gab es Homosexuelle – und zwar reichlich. Zeitweise war es fast peinlich, nicht schwul zu sein. Es gehörte dazu, damit zu kokettieren. Besonders unter den Fans von Bronsky Beat . Schwul war schick, weil Boy George schick war.

Peter M. Buhr, Webmaster der ZEIT, wuchs in Berlin auf. 1988 war er Soldat in der Nationalen Volksarmee.

Sicher war das nicht der DDR-Alltag. Charlotte von Mahlsdorf , die weltberühmte Transe lebte um die Ecke. Es gab einen szenebekannten Puppenspieler, der war offen schwul. Er konnte allein mit seinen Fingern eine Geschichte erzählen, die traurig und urkomisch zugleich war. Er spielte manchmal auf dem Alex an irgendeiner Häuserwand und ich dachte fast, ich wäre in ihn verliebt – bis das nächste Mädchen kam. Ich hatte eine Freundin, die Kellnerin in der berühmtesten Schwulenkneipe von Ost-Berlin war. Als ich sie einmal abholte konnte ich mich vor Anträgen kaum retten. Fand ich cool. Aber das alles war eben die Berliner Szene – in der Öffentlichkeit habe ich Schwule nie gesehen und da das statistisch nicht sein kann, vermute ich mal, dass die Schwulen sich im Alltag versteckten, wie heute auch. War nicht Coming Out ein ostdeutscher Film Ende der Achtziger? Hätte er jedenfalls sein können, „meine“ Schwulenkneipe ist da drin. Ansehen!

Träume | Angst | Politik | Rebellion | Sex | Drogen | Homosexualität

Zuender hat drei Zeitzeugen über ihre Jugend in der DDR befragt: Wie war das 1988? Hier geht es zur Übersicht

46 / 2006
ZEIT ONLINE