Das klingt ziemlich abgestumpft.
Man muss akzeptieren, dass Leben und Tod zusammengehören. Anders verkraftet man das nicht.
Konnten alle in Ihrem Team so gut mit der Situation umgehen?
Uns sind haufenweise Kameraleute abgesprungen. Obwohl der Kameramann, der uns letztendlich begleitet hat, Afrika-erfahren ist, hat er sich geweigert das Auffanglager in Pajule für Außendrehs zu verlassen. Ali und mir blieb nichts anderes übrig, als die Kamera in die Hand zu nehmen und die Drehs im Rebellengebiet selbst zu machen.
Ist die Angst des Kameramanns nicht berechtigt und nachvollziehbar?
Der eine Faktor war seine Angst, die wir natürlich akzeptieren. Daraus machen wir ihm keinen Vorwurf. Die Regel bei uns war, dass jeder das tut, was er glaubt tun zu können. Was uns gestört hat, war seine Art mit der ugandischen Bevölkerung umzugehen. Er hat sich als kolonialer Herrscher aufgespielt.
Musste man nicht mit solchen Problemen rechnen?
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Ja, klar. Über so einen langen Zeitraum auf engstem Raum in diesem Krisengebiet ist nicht nur eine physische, sondern auch eine psychische Belastung. Man hat keine Abwechslung und kann sich nicht frei bewegen. Moskitos, Hitze, Tod. Der reine Wahnsinn! Aber irgendwie gehört das dazu.
Sie haben gerade erzählt, dass Sie die Szenen außerhalb des Lagers gedreht haben...
Die Bilder am Anfang von der Mutter, die weint und ihr totes Baby auf dem Arm hält und von dieser Großmutter, die mit ihrem Enkelkind tot auf dem Boden liegt und von diesem Mann mit dem eingeschlagenen Kopf haben wir gedreht.
Man fragt sich, wie einem bei solch grausamen Szenarien nicht die Kamera aus der Hand fällt.
Die Kameraführung ist nicht gut bei den Bildern. Aber diese grausamen Szenarien gehören dazu. Im Gegensatz zu den Kriegsberichterstattern, die ich kennen gelernt habe, die von einem Konflikt zum Nächsten reisen und sich dann damit brüsten, haben wir nicht aufgehört an etwas zu glauben. Deswegen haben wir die Grenze von Journalismus zu Aktion weit überschritten. Wir haben uns in den Konflikt involviert und es zu unserer Aufgabe gemacht, uns zu engagieren. Wir wollten nicht einfach nur hingehen, um darüber zu berichten. Die Dreharbeiten haben uns sehr verändert.
Was hat sich bei Ihnen verändert?
Wie ich bereits sagte: Ich hätte mich nie in der Form für etwas engagiert. Ich war nie in einer Partei oder einem Verein. Ich mach das alles, weil es mich so berührt hat und mir die Leute so wichtig geworden sind. Wir beide verdienen daran ja keinen Pfennig bei dem Ganzen, wir machen schon seit anderthalb Jahren kein Geld.