Spielkultur
Davon träumt doch jeder
TEIL 2
Ein Fußball ist immer auf Tour mit dabei
Dann gibt es da noch
Buenos dias, Argentina
von 1978 mit Udo Jürgens.
S: Warum ist das immer so volkstümlich? Warum haben das nicht mal progressivere Bands in Angriff genommen?
Wie wärs mit Fettes Brot?
KB: Band schweigt.
DR: Vielleicht ist da ja der Wunsch der Vater des Gedankens. Man könnte uns ja noch dazu überreden. Wir hätten es selbstverständlich drauf. Das sei mal vorangestellt.
S: Die Traute hätten wir.
Ganz hypothetisch: Wären Sie bereit, den offiziellen WM-Song zu machen?
DR, KB, S: Nein.
S: Wer bestimmt, dass das offiziell ist? Ein Fernsehsender? Angela Merkel?
DR: Noch besser, der DFB. Offiziell gibt es einfach nicht mehr, dafür ist die Medienlandschaft zu verzweigt. Jeder Fernsehsender will seinen eigenen Song, am besten noch mit einem fetten Sponsor hintendran. Wenn man da mitmacht, muss man den besten Song machen, der sich durch Qualität durchsetzt.
Lässt sich so ein Song überhaupt mit Absicht planen? Die meisten Sachen kranken doch daran, dass sich jemand hinsetzt und partout ein Fußballlied schreiben will.
DR: Das war ja auch das Schöne am Owomoyela-Song. Ich glaube, wenn man das machen will, hat man sicher die Idee, dass der Song im Stadion gesungen werden soll.
KB: Ich glaube nicht, dass das ein Kriterium sein sollte. Das ist oft gerade der Fehler. Ich glaube auch nicht, dass die Lightning Seeds sich vorher überlegt haben, dass
Footballs coming home
im Stadion gesungen werden soll. Die haben einfach versucht, ein Gefühl, das sie zu Fußball haben, in einen Song zu packen.
DR: Ich glaube, den Leuten fällt das Songschreiben auch deshalb so schwer, weil ein Lied über Fußball auch eines über Deutschland ist. Die Engländer haben es da einfach leichter, ein liebevolles Verhältnis zum eigenen Land auszudrücken. In
Footballs coming home
ist die eigene Märtyrerrolle dermaßen ausgelebt: Wir haben den Fußball erfunden, dann wurde er uns geklaut
KB:
von den Deutschen
DR:
von den Deutschen, den Holländern und wem man sonst noch alles auf Mallorca begegnet. Und jetzt, nach 30 Jahren, holen wir ihn uns zurück. Das ist vom Gefühl her perfekt. Genau dort möchte man laut mitsingen.
KB: Viele Leute haben Songs gemacht, die selbst mit dem Fußball gar nichts zu tun hatten. Das waren Auftragsarbeiten. Udo Jürgens, Peter Alexander ich glaube nicht, dass die schreiend in der Kurve stehen. Da fehlt die emotionale Bindung, einen Song zu schreiben.
Aber Sie gehen ins Stadion.
KB: Ich jedenfalls, zum FC St. Pauli.
S: Stellvertretend für uns alle.
KB: Wir können uns keine drei Dauerkarten leisten. Glücklicherweise fiel das Los auf mich.
DR: Wir beide haben Kinder, und er hat eine Dauerkarte.
S: Ich war früher, weil mein Vater mich mitgenommen hat, beim SuS Waldenau. Ein kleines Dorf in der Nähe von Pinneberg.
DR: Den Verein haben wir später auch gesponsert, wir waren auf dem Trikot. Das kam über einen Kollegen von Boris zustande, der da auch gespielt hat. Es ist schon ein geiles Gefühl, wenn eine Mannschaft mit dem Bandnamen auf der Brust aufläuft. Und wir hatten mal eine Werbebande bei St. Pauli, auf der stand Fettes Brot ist doof. Ein großes Gefühl damals in
ran
: das eigene Bandlogo im Stadion.
Werbemaßnahme oder Herzensangelegenheit?
KB: Für mich war das eine Herzensangelegenheit. Wie viel Werbung das brachte, war mir ziemlich egal.
Kicken Sie auch selbst?
KB: Ja. Wir haben eine Mannschaft mit zehn, zwanzig Leuten, da treffen wir uns einmal die Woche und spielen auf so einem öddeligen Bolzplatz. Schockt tierisch. Ein, zwei Tore können einem die Woche total versüßen. Man denkt auf dem Fahrrad darüber nach, wie man ein Kopfballtor gemacht hat herrlich. Das sind schnelle, ohne viel Aufwand geholte Erfolgserlebnisse.
Und auf Tour werden die Lampen in der Halle ausgeschossen.
S: Neulich habe ich mitgespielt bei einem Spiel, das meine Kollegen erfunden haben und über das sie sicher gerne berichten
KB: Das ist Fußballtennis, das machen sogar die Profis.
S: Ach, das habt ihr gar nicht erfunden?
DR: Man kommt dann nur mit Kopfschmerzen auf die Bühne die vielen Kopfbälle.
KB: Ein Fußball ist aber immer dabei. Sollen wir zur Musik kommen?
DR: Damit kennen wir uns aus. Das machen wir ja lange genug.
Aber HipHop ist doch sowieso tot. Das haben Sie schon vor vier Jahren gesungen. Warum sind Sie dann immer noch dabei ?
KB: Für uns läuft es doch ganz gut, oder?
DR: Wir machen einfach unsere Musik und sagen nach wie vor, das sei HipHop. Wir hatten auch nie Schwierigkeiten, die Veränderungen mitzumachen, der eine Band in so einem Zeitraum unterworfen ist. Wir haben nach allen Seiten geschaut, was spannend ist und das in unsere Musik integriert. Aber der Gedanke, der dahintersteckt, ist immer noch HipHop. Uns hat von Anfang an fasziniert, dass man dort aus ganz wenig große Songs machen kann. Man braucht nur einen geilen Beat, eine Idee, Mitteilungsbedürfnis und eine laute Stimme.
S: Wir leben in dem Größenwahn, dass wir den HipHop-Begriff weiterentwickeln können. Das ist wichtig für Rap, sonst tritt man künstlerisch furchtbar langweilig auf der Stelle. Davon gibt es echt genug. Wir versuchen, uns immer wieder zu erneuern.
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