Entwicklungshelfer sollen Menschen zeigen, wie man gemeinsam mehr erreicht. Sie könnten in ihrer Kaffeeküche damit beginnen
Die Kolumne von Selim Özdogan
Einige Male hatte ich die Gelegenheit, in skandinavischen Ländern an Schulen zu lesen. Dass man dort in der Pisastudie so viel besser abgeschnitten hat als Deutschland, leuchtete mir ein, sobald ich die Lehrerzimmer sah.
Auch in Deutschland bin ich in so einigen Lehrerzimmern gewesen, ich kenne die funktionalen Tische ohne jeglichen Charme, die etwas chaotisch wirkenden schwarzen Bretter, die mit Namen beschrifteten Fächer, die Taschen auf den Stühlen, die abgestellten Flaschen Mineralwasser, die dicken Schlüsselbunde, die kleinen Kaffeeküchen, die Lineoleumböden, die weißen Wände mit kleinen Plakaten die für Dinge werben, die politisch Korrekte nicht in Frage stellen würden.
Der Teil der Lehrer, der für mich am besten zu dieser Einrichtung passt, ist der, der praktische Sachen trägt, die man wohl als Outdoorkleidung bezeichnet, wobei ich meine Jacken eigentlich auch nur außer Haus trage, aber die sind halt nicht von Jack Wolfskin, Northface oder Tatonka.
Mein Gedächntis verrät mir nicht mehr wo, aber ich bin auch mal in einer deutschen Stadt in ein Lehrerzimmer gekommen, in dessen Mitte, und ich meine genau in der Mitte, ein Kicker stand. War eine tolle Schule.
In Schweden, Norwegen und auch in Island sahen die Lehrerzimmer immer so aus, als wäre da ein Wohnzimmer zu groß geraten. Es gab Sofas, Sessel, farbige Wände, an denen Bilder hingen, Blumen und man bekam gleich das Gefühl: Hier fühlen sich Leute mehr oder weniger zu Hause.
Dass auf diese Weise andere Ergebnisse erzielt werden, erscheint mir plausibel.
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Aber vielleicht ziehe ich meine Schlüsse nur deswegen so, weil mein Faktenwissen zu dünn ist und ich die Welt gerne bildhafter betrachte.
In La Paz, Bolivien hat man die verschiedenen deutschen Entwicklungshilfeorganisationen in einem Gebäude untergebracht. Wahrscheinlich aus guten Gründen. Wieder mal weiß ich zu wenig. Aber ich habe die gemeinsame Küche gesehen. Die Schränke sind beschriftet mit den Logos der Organisationen, fünf verschiedene sind es. Da sind Regale und Borde, die den Mitarbeitern der gtz vorbehalten sind, wieder andere sind offensichtlich für das Personal der KfW und wieder andere für Menschen im Dienst von InWent.
Sogar auf dem Wasserkocher ist ein Emblem angebracht. In einem Lehrerkollegium arbeiten in der Regel mehr Menschen, aber sogar dort kann man sich den Wasserkocher augenscheinlich gut teilen.
Die Intention dieser Organisationen ist Entwicklungszusammenarbeit. Nicht von außen kommen und einen fremden Wien aufzwingen, sondern gemeinsam etwas entfalten.
Wie gesagt, mein Wissen ist dünn und vielleicht ziehe ich die falschen Schlüsse.