In fünfzig Jahren wird der Klimawandel uns das Leben zur Hölle machen. Warum leiden wir jetzt schon?
Die Kolumne von Selim Özdogan
Geben wir es doch ruhig zu: Wir wollen nicht, dass es uns geht. Wir wollen Angst vor der Zukunft haben. Wir wollen den neuen Tag nicht loben, bloß weil wir leben, satt werden und kein Krieg herrscht. Wir wollen uns nicht freuen, dass wir gesund sind und es jede Menge gute Unterhaltung gibt auf dem Weg ins Grab. Wir wollen leiden und wir wollen, dass jemand anders schuld ist.
Oder wollen wir nur belogen werden? Oder uns beweisen, wie dumm wir sind?
In den Achtzigern ist der Wald uns im sauren Regen unter den Händen weggestorben und heute nur noch kahle Steppe, wohin man auch guckt in Deutschland. BSE-verseuchtes Rindfleisch hat bei unzähligen Familienmitgliedern die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit ausgelöst und die Verwandtschaft ist im Wahn gestorben. Wer überlebte bekam Vogelgrippe und damit war auch nicht zu spaßen.
Und nun wandelt sich das Klima. Brot wird es nicht mehr geben, das Bier wird nicht mehr schäumen, die Pommes werden giftig sein aufgrund des erhöhten CO2-Gehalts der Luft. In nur fünfzig Jahren könnte es soweit sein, so ein deutscher Agrarbiologe.
In fünfzig Jahren, viele von uns werden das noch erleben, und man sollte heute schon darunter leiden und sich Sorgen machen, um eine Zukunft, die möglicherweise so nicht stattfinden wird.
Ich bin kein Wissenschaftler, aber ich verstehe nicht genau, warum es keine zuverlässigen Wettervorhersagen für die nächste Woche geben kann, aber man schon weiß, wie das Klima in fünfzig Jahren sein wird.
Und es soll ein Konzert geben – Live Earth -, um die Menschen weltweit gegen die Klimakatastrophe zu mobilisieren. Es scheint selbst in dieser unübersichtlichen Welt ganz einfach, immer auf der richtigen Seite zu stehen. Gegen Klimawandel, gegen Rassismus, gegen Unterdrückung der Frau, gegen Globalisierung, gegen Terror, gegen Fundamentalismus, gegen Bush.
Sieht erstmal ganz gut aus. Und lenkt ab von einem selbst.
All diese Stars sind jahrelang in Privatjets unterwegs, fliegen in der Woche soviel wie ich im ganzen Jahr und tragen so zum Kohlendioxidausstoß bei. Was wollen die mir erzählen?
Möglicherweise liege ich ja dieses Mal falsch und das Klima wird sich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten zu einem Dauerthema entwickeln und nicht so eine Modeerscheinung sein. Und verstehen wir uns nicht falsch, ich sehe die Probleme, ich mag nur die Art nicht, wie wir offensichtlich mit ihnen umgehen.
Ich glaube, es ist zu einfach alle Gründe immer draußen zu suchen. Wir wollen Katastrophenmeldungen, wir wollen uns Sorgen machen, wir wollen jeden, der eine andere Meinung hat, als Ignoranten abstempeln. Wir wollen leiden. Wir wollen die Welt zerstören. Die Frage ist nur: Warum? Das scheint mir entscheidend. Doch die Suche nach der Antwort zwingt einen, sich ehrlich mit selbst zu beschäftigen. Und wer will das schon ernsthaft?