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NARKOSE

I Wanna Be Sedated

Wie meine Zahn-OP zu einer Reise ins Dämmerland wurde

Eigentlich dürfte ich diesen Text jetzt und hier gar nicht schreiben. Ich darf außerdem keine Maschinen bedienen, kein Auto fahren und keine Verträge unterzeichnen.

Man hat mich nämlich sediert. Der Grund: eine Zahn-OP. Ein Weisheitszahn, mein letzter - rechts oben - musste raus. Aufgrund seiner komplizierten Lage und der Tatsache, dass er bereits an den Kiefer angedockt war, kam man nicht umhin, den Kollegen in vier handliche Teile zu zersägen. Und wenn ich eh schon mal da bin, wo ich sonst so gut wie nie bin, beim Zahnarzt nämlich, dann kann auch gleich die seit Monaten fällige Wurzelresektion links oben mitgemacht werden.

Zwei Eingriffe, zu denen jeder etwas zu sagen hat, im seltensten Fall etwas Positives. Schmerzen, Schwellung, Komplikationen, Eiter, Blut, Horror - das sind so die Begriffe, mit denen Weisheitszahn- und Wurzeloperationen gerne belegt sind. Wie ich bereits an anderer Stelle andeutete, bin ich in punkto Zahnarztbesuch der totale Schisser. Ich mag die Geräusche dort nicht, ich kann die Gerätschaften nicht sehen, ich kann den Geruch nicht ausstehen. Aber nachdem Zahnschmerzen eine Sache sind, die sich nur sehr schwerlich aussitzen lässt, hieß es also nach langer Zeit des Drückens wieder mal ´Helm auf und durch!´.

Allerdings nicht bei vollem Bewusstsein, soviel stand fest. Obwohl ich darauf mal wieder so richtig Lust gehabt hätte, traute ich mich nach einer Vollnarkose nicht zu fragen - ist bei Eingriffen dieser Art wegen Geringfügigkeit auch nicht üblich, glaube ich. Meine Erfahrungen zeigen allerdings auch, dass die durchaus übliche örtliche Betäubung keinesfalls ausreicht. Tut immer noch viel zu weh, außerdem bekommt man alles mit. Ein Freund berichtete mir allerdings von einer Sache, die ich bis dato noch nicht kannte: die Sedierung. Bei ihm hatte sich diese Methode auf bemerkenswerte Weise bewährt. Aufgrund einer kleinen Unregelmäßigkeit im Gehirn, musste mein Kumpel regelmäßig zur Kernspintomographie, also schön Kopf voraus in die brummende Röhre reingeschoben werden - und das als jemand, der extrem klaustrophobisch ist. Eines Tages schlug der Arzt vor, die Angstgefühle mit einem intravenösen Sedativum zu überwinden. Das Resultat war verblüffend. Weg waren die Panikattacken und Schweißausbrüche, statt dessen herrschte entspanntes Ladida in der Röhre, das sogar darin gipfelte, dass mein Kumpel, ein Technoproducer, sich hinsichtlich des ja nun wirklich höchst unangenehmen Geräuschs dachte: "Boah, geiler Noise, da muss nur ein guter Beat drunter und schon ist der neue Track fertig!" Was er dann auch versucht hat. Er berichtete außerdem davon, dass das Zeug auch ein bisschen wie ein Wahrheitsserum wirkt. Zumindest antwortet man sehr gerne und freimütig auf intimste Fragen.

Keine Frage, eine Sedierung, also eine Art künstlich herbei geführter Dämmerschlaf, schien genau mein Ding, also drückte ich der Sprechstundenhilfe voller Vorfreude die 30 Euro extra in die Hand und machte den Arm frei. Nach etwa fünf Sekunden dachte ich mir: "Scheiße, ich merk´ nix!", nach weiteren drei Sekunden sah ich die OP-Leuchten und dachte: "Oh, schöne Lichter!" Die Spritzen zur örtlichen Betäubung habe ich dann schon gar nicht mehr mitbekommen. Alles, was ich während meines einstündigen Nickerchens registrierte, waren der Arzt, der sehr oft ´Mund auf´ sagte, das Zunähen, allerdings nicht der Schmerzen wegen, sondern weil ich den Faden fühlte, sowie das Reinigen des Wurzelkanals - was sehr weh tat, glaube ich, was mir in dem speziellen Fall aber scheißegal war. Ich kann mich auch nicht mehr daran erinnern, dass mich jemand in den Ruheraum geführt hat. Ich weiß nur, wie ich mir etwa eine Stunde nach der OP einen Termin zum Fäden ziehen besorgt hatte und anschließend ein Taxi nach Hause nahm. Ich kann mich allerdings nicht mehr daran erinnern, wie der Taxifahrer aussah und welche Strecke er fuhr. Daheim legte ich mich direkt ins Bett, und als ich nach ein paar Stunden aufwachte, war alles wieder total normal. Jetzt, 24 Stunden später, künden nur noch meine Hamsterbacken davon, was mir gestern widerfuhr.

Vieles fühlte sich ein wenig wie auf Droge an, ich kann allerdings nicht sagen, auf welcher. Tatsache ist, dass mir eine Zahn-OP noch nie so dermaßen am Arsch vorbei ging wie diesmal.

Und nach all den Jahren verstehe ich jetzt endlich auch diesen Ramones-Song.

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