Die "Tate Modern" stellt Graffiti-Künstler aus. Doch Banksy, der beste Sprüher Englands, ist nicht dabei. Er wird weiter gejagt - von Polizei, Presse und Kunstsammlern
Von Ronit Wolf
Entlarvt? Schon wieder?
Banksy
, einer der besten Graffiti-Künstler der Welt, gehört zu den wenigen Superstars, die von der englischen Presse in regelmäßigen Abständen entdeckt und wieder verloren werden. Herkunft, Gesicht und Lebensumstände des Sprayers sind bis heute ungeklärt.
Jetzt
verkündete
ein Journalist der
Mail on Sunday,
es handele sich bei
Banksy
um den 34-jährigen Robin Gunningham aus Bristol. Das Beweismaterial: Ein vor vier Jahren in Jamaica aufgenommenes Foto, das einen Mann mit Sprühdosen und Sonnenbrille zeigt. In Internetforen wird das heftig diskutiert. "Das ist alles nur Mist", sagt einer, "die Leute sollten sich zusammen nehmen". Und die
BBC
kommentierte, dass sie ständig Anrufe zu angeblichen
Banksy
-Sichtungen bekäme. Man könne das weder bestätigen noch verneinen.
Wer ist
Banksy
also – bis jetzt? Als anonymer Superstar machte er die Öffentlichkeit auf sich aufmerksam, in dem er seine Sprühkunst beharrlich an den Wänden europäischer Städte verteilte. Er bevorzugt dabei London und Bristol – letzteres wird als seine Heimatstadt vermutet. Hier startete
Banksy
auch Anfang der 1990er mit seiner
Dry BreadZ Crew
.
Von Beginn an nutzte er Sprühschablonen, sogennante
Stencils
, zusammen mit den üblichen Graffiti-Lettern. Weltweit bekannt wurde
Banksy
durch das
Walls-On-Fire
-Graffiti-Festival, das er 1998 mit der Bristoler Graffiti-Legende
Inkie
initiierte. Zu der Show wurden die damals besten Sprayer eingeladen, um sich zu beweisen - auf legalen Wänden, die die Stadt zur Verfügung gestellt hatte.
Heute ist der Künstler allein unterwegs und für seine aufsässige und kreative Arbeit bekannt: Motive der Königin Victoria als Domina, Mona Lisa mit Panzerfaust, knutschende britische Polizisten, oder Trupps von gelben Smiley-Soldaten, die stupide von den Wänden grinsen in fröhlicher Erwartung eines Kriegs. Kenner der Szene werden in
Banksys
-Schablonenkunst den französischen Meister und Erfinder der
Stencil-Art
wieder erkennen:
Blek le Rat
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Tatsächlich war er schon 20 Jahre vor
Banksy
mit lebensgroßen Sprühschablonen unterwegs. Ähnlich zu
Blek le Rat
, wählt
Banksy
als Alter Ego das Motiv der Ratte. Er erklärt dazu: "Diese Tiere existieren ohne Erlaubnis. Sie sind verhasst und werden gejagt. Sie leben in Verzweiflung und Verfall zwischen dem Schmutz und doch sind sie in der Lage ganze Zivilisationen in die Knie zu zwingen. Wenn du Dreck bist, bedeutungslos und ungeliebt, wird dir die Ratte zum Vorbild."
So fanden sich – bis vor kurzem – zahlreiche Abbildungen von Ratten in London wieder, die mit Fall- oder Regenschirmen, Ghetto-Blastern, als Bankräuber oder Punks die Wände bevölkerten. Bis vor kurzem – vor dem großen Putz.