Der RBB stellt seinen Sender Radio Multikulti zum Jahresende ein. Mainstream-Wellen wie Antenne Brandenburg und RadioBerlin bleiben dagegen unberührt. Warum?
Der Hörfunkdirektor des RBB antwortet
Radio Multikulti
sendet seit 1994, mittlerweile in 21 Sprachen. Der Sender gehört zum Angebot des öffentlich-rechtlichen
Rundfunks Berlin-Brandenburg
(RBB), der in der Vergangenheit schon mehrfach über Finanznot klagte. Grund dafür ist laut RBB-Chefin Dagmar Reims die hohe Zahl der Erwerbslosen in Berlin und Brandenburg. Denn wer arbeitslos ist, muss keine Rundfunkgebühr zahlen.
Vom kommenden Jahr an wird der RBB
Radio Multikulti
und das TV-Magazin
Polylux
aus finanziellen Gründen
einstellen
.
Zuender sprach über diese Entscheidung mit Christoph Singelnstein, Hörfunkdirektor des RBB.
Zuender:
Herr Singelnstein, warum wickelt der RBB ausgerechnet
Polylux
und
Radio Multikulti
ab?
Christoph Singelnstein:
Leider haben wir nicht so viel Geld zur Verfügung, wie wir bräuchten, um alle Radiosender des RBB zu erhalten. Wir mussten überlegen, was wir in Zukunft mit den vorhandenen Mitteln noch leisten können. Am Ende ist die Entscheidung gegen Multikulti gefallen, weil wir mit dem ganz ähnlichen
Funkhaus Europa
, das uns der
WDR
(Westdeutscher Rundfunk) zur Verfügung stellt, eine öffentlich-rechtliche Alternative in der Region anbieten können.
Zuender:
Radio Multikulti hat die geringste Hörerzahl unter den sieben Radiosendern des RBB. Hat das die Entscheidung zugunsten der anderen Programme erleichtert?
Christoph Singelnstein:
Nein, gewiss nicht. Entscheidend war die Frage, welche Aufgabe die einzelnen Stationen erfüllen und welche Zielgruppe sie bedienen.
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Zuender:
Ihre reichweitenstärksten Sender sind die Formatradios
Antenne Brandenburg
und
RadioBerlin
. Hätte man nicht dort sparen können?
Christoph Singelnstein:
Als erstes muss ich widersprechen: Antenne Brandenburg und RadioBerlin sind ohne Frage populäre Programme, aber sie sind keine Formatradios. Dann muss man bedenken, dass der RBB in Brandenburg und in Berlin sendet. Das heißt, wir haben es mit zwei völlig verschiedenen Zielgruppen zu tun. Für das eher ländlich geprägte Brandenburg brauchen wir ein anderes Programm als für die Metropole Berlin.
An einem der beiden großen Sender zu sparen war natürlich eine Option, hätte aber einen wesentlich größeren Einschnitt bedeutet. Die Frage war immer, wie wir unser bestehendes Angebot möglichst weitgehend erhalten können.
WDR Funkhaus Europa
ist in der Lage, die Lücke zu füllen, die
Radio Multikulti
hinterlässt.
Zuender:
Die Redaktion von
Funkhaus Europa
sitzt in Köln. Kann sie die Berliner mit regionalen Informationen versorgen?
Christoph Singelnstein:
Nein. Aber wir können das erhalten, was Funkhaus Europa auch jetzt schon leistet. Nämlich in Berlin überregionale Inhalte in verschiedenen Sprachen zu senden. Außerdem sprechen wir mit dem WDR darüber, ob nicht Teile des Programms von Berliner Mitarbeitern produziert werden könnten. Und Sie müssen noch einen weiteren Aspekt betrachten: Die Zielgruppe von
Radio Multikulti
sind diejenigen Berliner, die noch kein Deutsch sprechen. Das gilt nicht für alle Einwohner mit Migrationshintergrund.
Zuender:
Dennoch: Sollten nicht gerade Nischenangebote wie
Radio Multikulti
die Aufgabe des gebührenfinanzierten offentlich-rechtlichen Rundfunks sein?
Christoph Singelnstein:
Ja. Aber den öffentlich-rechtlichen Rundfunk darauf zu reduzieren, wäre ebenfalls nicht richtig. Die Rundfunk-Gebühren werden von allen Bürgern gezahlt, die über ein entsprechendes Einkommen verfügen. Also haben auch alle Teile der Bevölkerung das Recht auf ein Radioprogramm, das sie anspricht. Und deswegen gehören Sender wie
RadioBerlin
einfach in das Gesamtangebot.