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Schweiz

Schwarze Schafe

In der sonst so friedlichen Schweiz wird der Wahlkampf von Straßenschlachten begleitet. Auslöser ist eine ausländerfeindliche Kampagne der rechten Volkspartei.

In der Schweiz ist die Politik normalerweise wenig aufregend. Entscheidungen werden in der Regel im Konsens getroffen, die Ämter in der Regierung werden nach einem festen Proporzprinzip vergeben. Wahlkämpfe in der Eidgenossenschaft sind daher meist langweilig, eine Polarisierung fehlt. In diesem Jahr ist das jedoch völlig anders: Zwei Wochen vor der Wahl verwandelten linke Extremisten am Wochenende eine zentrale Wahlkampfveranstaltung in eine Straßenschlacht . Ziel der Angriffe war nicht etwa eine kleine rechte Splitterpartei, sondern die Schweizerische Volkspartei SVP , die im Parlament die größte Fraktion stellt und für einigen Wirbel sorgt. Sie hatte ihre Anhänger nach Bern zu einer Kundgebung für die Parlamentswahl am 21. Oktober geladen. Als linke Demonstranten die Veranstaltung stürmten, setzte die Polizei Tränengas ein. 42 Gegendemonstranten wurden festgenommen, 18 Menschen wurden verletzt. Was ist da los?

Die SVP spaltet das Land mit einem für die Schweiz beispiellosen Populismus und mit provozierenden Forderungen. Obwohl das Land seit Kurzem ein sehr strenges Asylrecht hat, fordert die SVP auf Plakaten "Kriminelle Ausländer ausschaffen", und illustriert das so : Einige weiße Schafe stehen beisammen, eines davon tritt ein schwarzes Schaf und drängt es damit aus einem roten Bereich mit dem weißen Kreuz. Der britische Independent vermutet darum in der Schweiz schon "Europe's Heart of Darkness", der UNO-Menschenrechtsbeauftragte rügt die Plakate als rassistisch und fordert ihre Entfernung.

Rassistisch sei das Motiv nur für den, der es so sehen wolle, sagen die SVP-Verantwortlichen. Aber das Plakat ist nicht das Einzige, mit dem die SVP für Aufregung sorgt. Sie will ganz offensichtlich bewusst die politischen Regeln durcheinander bringen, die in der Schweiz bislang unausgesprochen für die Regierungsbildung galten. Regeln, die mehr auf Traditionen als auf Gesetzen beruhen.

Sie funktionieren so: Der Nationalrat bildet zusammen mit dem Ständerat, in dem die Kantone vertreten sind, die Bundesversammlung. Am 21. Oktober wird der Nationalrat neu gewählt, gleichzeitig stimmen mehrere Kantone über ihre Ständeratsvertreter ab. Danach wählt die Bundesversammlung die Regierung, die in der Schweiz "Bundesrat" genannt wird. Jeder der sieben Minister wird einzeln gewählt und muss dazu die absolute Mehrheit erringen. Das ist schwierig, weil in der Bundesversammlung üblicherweise viele kleine Parteien vertreten sind – derzeit sind es 14, die SVP ist mit 63 von 242 Sitzen die stärkste Kraft. Anstatt eine Koalition zu bilden, haben sich die Parteien seit dem zweiten Weltkrieg immer auf die Zauberformel geeinigt. Danach stellen die drei großen Parteien SP, FDP und CVP je zwei und die SVP einen Bundesrat.

Begonnen haben die Probleme vor vier Jahren, als die SVP gestärkt aus den Nationalratswahlen hervorging. Danach erhob sie Anspruch auf einen zweiten Bundesratssitz und obwohl es kein Gesetz gibt, aus dem man diesen Anspruch herleiten kann, wählte der Nationalrat einen zweiten Kandidaten der SVP, den umstrittenen Christoph Blocher . Blocher bekam das Ressort des Polizei- und Justizministers und macht sich seitdem für mehr Sicherheit und gegen Jugendkriminalität stark. Auch die schärferen Asylgesetze brachte er voran. Sein hart rechter Kurs, sein Populismus und vielleicht auch etwas Erfolgsneid machten Blocher bei Parlamentariern anderer Parteien unbeliebt. Einige erwägen, Blocher nicht im Amt zu bestätigen – ungewöhnlich in der Schweiz. Sollte es so kommen, wäre ein weiteres Stück schweizerischer Politik-Tradition begraben.

Bis Ende August wurde über diese Möglichkeit öffentlich kaum diskutiert. Dann kam die Affäre Roschacher-Blocher : Blocher wurde vorgeworfen, den Bundesanwalt Valentin Roschacher aus dem Amt gedrängt zu haben. Bevor der Protest darüber überhaupt aufkam, konterten Blocher und seine SVP mit ganzseitigen Anzeigen, in denen sie von einem "Geheimplan gegen Blocher" sprachen. Die Vorwürfe seien nur dazu da, Blocher aus dem Bundesrat zu drängen. Was die SVP als "Beweise" dafür vorlegte, erwies sich aber schnell als haltlos.

Die SVP wird bei den Wahlen mit ihrer schweiz-untypischen Taktik das Ergebnis vom letzten Mal wohl noch übertreffen und im Parlament noch stärker werden, als zuvor. Dennoch haben die anderen Parteien ja die Möglichkeit, die SVP-Kollegen nicht in den Bundesrat zu wählen. Denn wer sich im Wahlkampf von den Traditionen verabschiedet, kann sich danach nicht mehr darauf berufen.

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