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KRIMINALITÄT

Pistolen gegen Konsolen

Die Idee ist einfach: Wer daheim daddelt, kann draußen keine Verbrechen begehen. Mit einer Tauschaktion will Mexiko-Stadt die Kriminalitätsrate senken. Aber der Plan geht nicht ganz auf.

Nach Tepito trauen sich selbst Polizisten nur mit schweren Waffen in den Händen und Gasmasken vorm Gesicht. Zu gefährlich ist das Barrio Bravo, das Wilde Viertel. Rauschgifthandel, Prostitution und Diebstahl florieren hier zwischen den heruntergekommenen Wohnblocks im Zentrum von Mexiko-Stadt.

Carlos ist 18 Jahre alt und wohnt mit seiner Mutter und den vier Schwestern in einer Dreizimmerwohnung in Tepito. Sie leben von knapp 7000 Pesos im Monat, das sind umgerechnet ungefähr 450 Euro. Der Vater ist seit langem verschwunden.

Carlos ist Mitglied der Polvorones , einer kleinen Gang in Tepito, die "nichts mit den großen Sachen zu tun hat", wie er sagt. Damit meint er vermutlich den Waffen- und Drogenhandel. Seit Jahrzehnten herrscht in dem Viertel ein blutiger Krieg: Verfeindete Gangs kämpfen gegeneinander und gemeinsam gegen die Polizei, im vergangenen Jahr kamen 2000 Menschen um. Allein in Tepito.

Carlos kennt diese Zahlen: "Jedes Jahr werden es mehr", sagt er. "Ohne Waffe gehe ich nicht aus dem Haus, auch wenn ich jetzt mehr Zeit daheim mit meinen Freunden verbringe". Carlos hat eine seiner Pistolen gegen eine Spiel-Konsole eingetauscht, ganz legal.

Die Idee stammt von Marcelo Ebrard , dem neuen Mitte-Links-Bürgermeister von Mexiko-City, der seit vorigem Dezember im Amt ist. Anders als der konservative mexikanische Präsident Felipe Calderón, der für seinen harten Kurs gegen die Kriminellen bekannt ist, möchte Ebrard mit ihnen sprechen. Die Stadtverwaltung bietet darum allen Einwohnern von Tepito an, kleine Schusswaffen gegen eine Xbox , die Spiele-Konsole von Microsoft, zu tauschen. Die Computerfirma unterstützt das Projekt als Sponsor. Größere Kaliber, vollautomatische Maschinengewehre oder Uzis bringen sogar kleine Geldbeträge, Essen oder einen neuen Computer im Wert von 769 US-Dollar. Tauschwilligen wie Carlos wird volle Anonymität zugesichert.

Als das Projekt vor zwei Monaten startete, wurden am ersten Tag immerhin 17 Waffen abgegeben. Sie sollen "von der Armee vernichtet werden" – was auch immer das bedeuten mag. Carlos ist von der Idee begeistert: "Eine Xbox hätte ich mir auf legalem Weg hier in Mexiko niemals leisten können, doch viel cooler ist ja eigentlich, dass ich nach wie vor zwei Waffen in meinem Zimmer versteckt habe."

Glaubt er, dass das Umtauschprogramm die Kriminalität senken wird? "Nein, niemals. Die Stadt muss von Grund auf ethisch und moralisch saniert werden. Solange die Leute hier keine Perspektive haben, werden sie weiter stehlen, Drogen nehmen und ihre Waffen gebrauchen. Da kannst du weitere Millionen für Polizeiarbeit ausgeben oder die Menschen in Tepito mit noch mehr Computern ködern. Das bringt alles nichts."

Polizeipressesprecher Manuel Fuentes sieht das anders, er ist stolz auf die kleinen Erfolge: "Das Projekt läuft jetzt seit zwei Monaten sehr erfolgreich. Täglich kommen bis zu 30 Personen, die ihre Waffen eintauschen und glücklich nach Hause gehen. Solange wir die Unterstützung von Microsoft haben, werden wir das Programm fortführen." Ist die Kriminalitätsrate in Tepito seitdem zurückgegangen? "Das lässt sich in der kurzen Zeit noch nicht feststellen, doch wir wissen, dass weniger Waffen im Umlauf sind", sagt er.

In mexikanischen Blogs sind die Meinungen geteilt. Ein Großteil der Autoren findet die Umtauschaktion originell, aber gibt es auch Userkommentare wie diesen: "Wie cool ist das denn? Ich besorge mir einfach eine Pistole auf dem Schwarzmarkt für 350 Pesos und tausche sie dann ein…" 350 Pesos sind umgerechnet etwa 25 Euro.

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