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ARBEIT

"Wir wollen die Jugend verderben"

Sascha Lobo und Holm Friebe pfeifen auf die Festanstellung. Statt über prekäre Arbeitsverhältnisse zu jammern, plädieren die Berliner Autoren in ihrem neuen Buch für "ein intelligentes Leben jenseits der Festanstellung". Digitale Bohème nennen sie diese neue Klasse der Selbständigen, die sich mit Hilfe des Internets und ohne Arbeitsvertrag dem Traum vom selbstbestimmten Arbeiten annähern. Dem Zuender erklären sie, wieso das besser ist.

Was wolltet ihr als Kinder werden?

Holm Friebe: Ich wollte Steuerberater werden. Wie mein Vater.

Sascha Lobo: [überlegt ziemlich lange] Dafür, dass die Frage noch nie gestellt wurde, ist sie eigentlich ziemlich gut. Ich glaube, ich wollte irgendwie Künstler werden.

Und wie würdet ihr eure heutigen Berufe bezeichnen?

S.L.: Autor und Werbetexter.

H.F.: Ich bin Geschäftsführer der Zentralen Intelligenz Agentur .

Wann kam bei euch der Wendepunkt, an dem ihr euch bewusst gegen das Lebensmodell ’Festanstellung’ entschieden habt?

H.F.: Als ich für ein Jahr in einer so genannten hippen Werbeagentur arbeitete. Der Job war lukrativ und hatte viele Annehmlichkeiten, allerdings wollten sie mich gleich mit Haut und Haaren. Das wurde mir schnell zu viel. Ich wollte einen freien Tag die Woche haben. Als sich das nicht umsetzen ließ, habe ich gekündigt.

S.L.: Ich habe diese Erfahrung auch gemacht. Das klassische Angestelltendasein engt mich auf Dauer ein. Die Festanstellung setzt bestimmte Mechanismen in Gang, die ich nicht ertragen möchte. Zum Beispiel, dass man nicht mehr weiß, wie man den eigenen Rechner neu startet, weil das der Systemadministrator für einen übernimmt. In unserem Buch bezeichnen wir diesen schleichenden Prozess als strukturelle Verblödung.

Die ZIA ist auch eine Firma...

H.F.: Aber eine nach unseren Vorstellungen. Wir haben uns gefragt, wie eine Firma aussehen müsste, um uns zu gefallen. Wir sind dann schnell auf einen Nenner gekommen: Wir wollten keine gemeinsamen Büros, in denen man sich täglich acht Stunden gegenüber sitzt und auf die Nerven geht. Überhaupt: Keine Angestellten oder Hierarchien. Außerdem wollten wir nicht die Hälfte des Monats nur für die Miete der Büroräume arbeiten müssen. Deshalb existiert die Firma nur auf Webservern und als Rechtsform auf dem Papier.

Warum drängen immer noch so viele Menschen in die Festanstellung?

H.F.: Das ist eine Kollektivpsychose. Weil die Plätze hinter den Bürofassaden knapper werden, glauben viele Menschen, sie müsste sich verstärkt darum bemühen, dort hineinzukommen. Dabei kann man an einer Hand abzählen, dass die Chancen statistisch immer niedriger werden.

Was macht die Festanstellung in euren Augen denn so unattraktiv?

S.L.: [schnell] Das Gefühl zu wissen, wo man sich nächsten Dienstag um 14 Uhr befinden wird.

H.F.: Wir halten sie für einen Anachronismus. Klar ist die Darstellung in unserem Buch polemisch. Trotzdem beharren wir auf dem Standpunkt: Dieses stressverseuchte, kleinteilige, zerhackte Arbeiten in Unternehmensstrukturen ist ineffizient. Wir glauben, dass die Festanstellung von außen attraktiver dargestellt wird, als sie es eigentlich ist. Die Unzufriedenheit unter Angestellten ist wahnsinnig groß – das zeigen alle Umfragen. Wir wollten zeigen, dass man auch anders glücklich werden kann.

Jemals eine Bewerbung geschrieben?

S.L.: Ich habe mich einmal in meinem Leben beworben. Ausgerechnet bei Siemens Mobile . [lacht] Wurde dort aber aufgrund meines nicht abgeschlossenen Studiums wieder nach Hause geschickt. Zum Glück.

H.F.: Wir halten das System der Bewerbung für Quatsch. Auslandsaufenthalt an einer Elite-Uni hier, unbezahltes Praktikum da. Was nützt schon formaler Erfolg auf dem Papier? Im Buch erwähnen wir ein Projekt von  Betriebswirtschaftsstudenten an der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt . Dort wurden die Lebensläufe zweier Traumkandidaten konstruiert und als Antwort auf 100 Stellenanzeigen verschickt. Resultat: Nur vier Mal ist es überhaupt zur Einladung zum Vorstellungsgespräch gekommen.   
Wir sind nicht per se gegen Praktika, aber sobald diese nur dazu dienen, den inneren Personalchef zu befriedigen, sollte man besser die Finger davon lassen. Wir wollen die Jugend verderben, aber nur weil es zu ihrem eigenen Besten ist.

S.L.: Wir haben auf dieser schlammigen Praktikantenwiese, auf der alle weinend am Boden liegen, ein neues Spielfeld aufgemacht und sagen, dass hier auch ein ganz okayer Rasen ist. Der ist vielleicht nicht so grün und üppig wie da hinten, aber hier kann man auch seine Zelte aufschlagen.

Weiterlesen im 2. Teil »


 
 



 

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