Sorea machen Popmusik mit traditionellen Instrumenten aus Korea. Dennoch sind sie offen für westliche Einflüsse wie HipHop. Oder Refrains.
Sarah Benecke hat die Band in Leipzig getroffen
Zoohah rückt ihre große, rosa Sonnenbrille zurecht. Gerade kommt sie von einem Stadtrundgang zurück, Leipzig gefällt ihr. Erschöpft lässt sie sich auf die rote Couch im Foyer des Radisson fallen. "Puhhh." Abends sollen sie und ihre vier Bandkollegen noch ein Konzert geben, zur "Primetime um acht", wie sie stolz verkündet.
Eigentlich ist Zoohah so einen Stress noch gar nicht gewöhnt. Ihre Band Sorea wurde erst im letzten Herbst gecastet – aber nicht aus Möchtegern-Popstars, wie jedes Jahr in Deutschland. Die jungen Musiker haben alle an einer Universität Musik studiert und beherrschen ihre Instrumente so gut, dass sie zuvor schon im Alleingang etliche Preise einheimsen konnten.
Managerin Vida Jung kommt, mit einigen Taschen bepackt, durch die Drehtür und winkt ihnen zu. "Gute Neuigkeiten!", ruft sie und strahlt. Die 33-jährige organisiert seit Anfang Mai die Auftritte der Band, nachdem sie den Produzenten im März direkt nach dem Job gefragt hatte. "Ich wollte das unbedingt", sagt sie. Jetzt wirkt sie gut gelaunt, als sie aus der schwülen Sommerhitze in die Kühle des Foyers tritt, alle nacheinander umarmt und sich auf einen Sessel sinken lässt. Sie fängt an zu erzählen, ihr Koreanisch klingt angenehm melodisch. Mit leiser, aber prägnanter Stimme redet sie auf die fünf jungen Musiker ein.
Vida will alles genau planen und die Band nicht nur in Korea promoten, sondern am liebsten in der ganzen Welt. "Sie machen außergewöhnliche, aber sehr moderne Musik", sagt sie und nickt, als wolle sie sich selbst zustimmen. Sorea sind tatsächlich keine normale Popgruppe. Auf ihrer Bühne sieht man keine Keyboards, E-Gitarren und Schlagzeuge, sondern traditionelle koreanische Instrumente: Eine lange hölzerne Querflöte namens Taegeum. Etwas, das Gayageum heißt, sieht aus wie eine liegende Harfe. Dazu ein zweisaitiges Instument mit langem Hals und einer kleinen Tonne als Tonkörper, das gestrichen wird wie ein Cello. Mehrere traditionell koreanische Trommeln geben den Takt an und an vorderster Front steht die zierliche Sängerin - mit ihrer dafür umso markanteren Stimme.
Das alles bedeutet nicht, dass man sich fühlt, wie inmitten einer Trachtenparade. Am Abend präsentieren Sorea ein modernes Popkonzert: Schicke Outfits, Make-up und Lichteffekte kombiniert mit einer Mischung aus Hiphop, Latinpop und Balladen. Bei Soreas Konzerten sind einige koreanische Fernsehsender dabei, die der Band auf Schritt und Tritt folgen. Der anhänglichste unter ihnen war der Sender "Q Channel". Deren Kameramann treibt sich gern auf dem Leipziger Augustusplatz herum und feilscht um Preise.
Dort ist auch Young Tae Lee anzutreffen, ein junger Sänger vom koreanischen Nationaltheater. Er singt im Duett mit Sorea-Frontfrau Jai – aber nicht nur. Er singt eigentlich ständig. Wenn man ihn fragt, wie es ihm in Deutschland gefalle, tönt er: "Lie-be Deut-sche! Lie-be Deut-sche!" und grinst übers ganze Gesicht. Anschließend entschuldigt er sich für sein schlechtes Englisch. Seine jungen Kollegen versuchen gar nicht erst, Englisch zu sprechen. Ihre Lieder sind ohnehin auf Koreanisch.
Sorea will anders sein, neu und nicht allzu fixiert auf den Mainstream. "Das ist die einzige koreanische Band, die noch mit traditionellen Instrumenten spielt", meint Vida Jung. "Aber wir hoffen, dass es bald noch mehr solche Gruppen geben wird". Hier geht es nicht nur um Musik, sondern auch um eine Kultur, die zunehmend in den Hintergrund rückt und die durch ihre Verknüpfung mit der Moderne erhalten werden soll.
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Obwohl Zoohah und ihre Kollegen auch an einigen westlichen Details Gefallen finden: "In Korea gibt es kaum Teile in Songtexten, die sich wiederholen", erklärt Sängerin Jai. "Aber wir finden Refrains eigentlich gut und haben sie auch in unsere Lieder eingebaut". Diese klingen nicht zuletzt deswegen ein wenig vertraut, trotz ihres exotischen Charakters. Das gefiel den Zuhörern in Deutschland offensichtlich auch. "Ich hätte nicht erwartet, dass die so viel Leidenschaft für Musik zeigen!" sagt Zoohah und lächelt beglückt.