Interview
"Das könntest genauso gut du sein"
An seinem ersten Arbeitstag wird der Doktorand Johannes vom Verfassungsschutz angeworben: Er soll seinen algerischen Arbeitskollegen Farid bespitzeln, der unter dem Verdacht steht, ein Schläfer zu sein. Hauptdarsteller Bastian Trost (32) spricht im Zuender-Interview über den Film "Schläfer"
Fragen von Carolin Ströbele
Wenn man den Titel Schläfer hört, denkt man erstmal an islamische Terroristen. Dabei geht es viel mehr um einen Deutschen, der zum Spitzel für den Verfassungsschutz wird.
Es ist klar, dass manche Leute enttäuscht sind, dass wir das Thema nicht reißerischer angegangen sind. Aber für mich ist das Interessante gerade, dass der Regisseur Benjamin Heisenberg große politische Themen mit kleinen Vorgängen vermischt. Farid und Johannes forschen am gleichen Thema die Konkurrenz-Situation zwischen ihnen ist zunächst rein beruflich. Aber sobald Farid unter Terrorismus-Verdacht gerät und der Verfassungsschutz ins Spiel kommt, wird plötzlich jede Entscheidung von Johannes politisch.
Die Mitarbeiterin des Verfassungsschutzes, die Johannes anwirbt, sieht aus wie eine biedere Hausfrau. Entspricht das denn der Realität?
Genau so ist es auch wenn sich das niemand so vorstellt. Auch die Art der Kontaktaufnahme ist realistisch wir haben von mehreren Leuten erfahren, dass die Verfassungsschutzleute tatsächlich an die Uni-Mensen gehen. Und dass sie von Anfang an ganz offen sind, wenn sie jemanden anwerben wollen.
Benjamin Heisenberg hat gesagt, das Hauptmotiv für seinen Film sei nicht der 11. September gewesen, sondern die Verschärfung der Sicherheitsgesetze in Deutschland.
Das eine hat ja mit dem anderen zu tun. Es war wirklich interessant zu erfahren, mit welchen Methoden die Leute vom Verfassungsschutz vorgehen. Wenn jemand in die Rasterfahndung gerät und als potenziell gefährlich eingestuft wird, wird ein enormer Aufwand betrieben. Da gibt es Leute, die nur an einer Person dran sind, ganz viel fotografieren, Hinweise auswerten, Berichte schreiben. Und dieses Raster ist nach dem 11. September eindeutig enger geworden.
Johannes ist eine sehr ambivalente Figur: Auf der einen Seite ist er sehr gewissenhaft, pflegt seine kranke Großmutter zu Hause. Und dann fängt er schließlich doch an, Farid zu bespitzeln.
Spannend an der Figur des Johannes fand ich vor allem, dass er so hin- und hergeworfen ist zwischen den moralischen Fragen, die sich ihm stellen. Irgendwann kann er einfach nicht mehr, er weiß nicht mehr, welche Richtung er einschlagen soll. Johannes ist im Grunde jemand, auf den man sich verlassen kann, er ist integer, vertrauenswürdig. Deshalb lehnt er es am Anfang auch strikt ab, Farid zu bespitzeln. Doch als sich dann die berufliche Konkurrenzsituation zwischen den beiden Männer immer mehr zuspitzt und sie sich auch noch in die gleiche Frau verlieben, ist die Hemmschwelle plötzlich nicht mehr so groß.
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