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Sucht

"Wer Pech hat, gewinnt am Anfang"

TEIL 2

Dass er ein Problem hatte, merkte er, als er die Ausbildung schmiss. 2001 hatte er schon mal eine Lehre begonnen als Industriemechaniker. Mitte 2003 konnte er sich nicht mehr auf die Arbeit konzentrieren. „Da wusste ich, ich bin süchtig.“ In diesem Sommer starb auch sein Vater an Multiple Sklerose. Frank spürte, wie es ihn veränderte, wenn er keine Kohle mehr hatte. „Mit 18 habe ich meine damalige Freundin gewürgt, als sie mir nichts zum Spielen geben wollte. Das war so heftig...“, Frank schließt die Augen, reibt sich mit dem Daumen die Stirn, zwischen Zeige- und Mittelfinger zittert die Zigarette. Nachdem er die Ausbildung gekickt hatte, lebte er arbeitslos in den Tag oder jobbte irgendwo, um Geld ranzuschaffen. All seine Hoffnungen auf Sieg zu setzen. Das Klingelingeling zu hören. Das war wie ein Schuss.

Ende 2004 kippte er in die Kriminalität. Schnappte sich den Schlüssel zur Wohnung einer Freundin seiner Mutter, den diese bei sich aufbewahrte. „Ich wusste, wann sie arbeitet. Da bin ich bei ihr eingebrochen, habe ihre Kreditkarte geklaut.“ Frank zog Bares für das nächste Glücksspiel. Pech für ihn: Die Überwachungskamera schnitt ihn voll mit. „Heute schüttele ich den Kopf über soviel Dummheit, ich habe überhaupt nicht darüber nachgedacht, was ich der Frau antue...“ Nach jedem Diebstahl brachte er ihre Kreditkarte in die Wohnung zurück. Als die Anzeige kam, hatte Frank die Frau um 18.000 Euro erleichtert. Vor Gericht bekam er eine Bewährungsstrafe. „Aber kaum war eine Woche vergangen, überfiel ich nach einem Kinobesuch einen Jugendlichen, schrie ihn an: ‚Gib mir Geld, sonst brech ich dir die Nase!’“ Mitte 2005 wurde Frank zu zweieinhalb Jahren verurteilt und kam nach Iserlohn.

Am ersten Tag saß er 23 Stunden in der Zelle. Ohne Ablenkung, den Blick zur Wand. „Da bin ich mir selbst begegnet“. Eine Begegnung die Frank nicht vertrug, die ihn auf seinem Bett zusammensacken ließ. „Ich hab nur noch geheult...“

Zehn Wochen war Frank im geschlossenen Vollzug, dann durfte er wegen guter Führung in den offenen. Rund 80 Neuzugänge hat der im Jahr. Dass junge Menschen hier landen, hat weniger mit psychischer Labilität zu tun, glaubt Abteilungsleiter Andreas Bassendowski (48), „eher mit einem nicht erlernten Rhythmus.“ Den sollen die Jugendlichen hier erstmals bekommen, indem sie Ausbildung, Schule, Verpflichtungen nachgehen, Putzen, Kochen, Wäsche waschen. Sie sollen den Halt verspüren, den sie nie hatten. „Etwa durch Arbeitslosigkeit, innerfamiliäre Gewalt, Alkohol- und Drogenprobleme oder Trennung der Eltern“, vermutet Jochen Goerdeler von der Deutschen Vereinigung für Jugendgerichte und Jugendgerichtshilfen. Zerrüttete Familienverhältnisse weist Frank von sich. „Ich liebe meine Familie!“ Auf seine Mutter, seine beiden Brüder, 18 und 25 Jahre, lässt er nichts kommen. Aber allein Spielsucht als Auslöser für Jugendkriminalität? Das findet Jochen Goerdeler „eher untypisch bei jungen Menschen“.

Frank weiß nicht, was typisch ist und was nicht. Er weiß nur, dass er raus will aus dem Sog, der ihn zum Verbrecher machte. Seit er in Iserlohn ist, geht er in eine Selbsthilfegruppe für Spielsüchtige und versucht seine Krankheit zu verstehen. Die wiederum typisch ist für sein Geschlecht. „90 bis 95 Prozent der Spielsüchtigen sind Männer. Ein Teil von ihnen spielt, um Selbstwertstörungen zu kompensieren“, weiß Ilona Füchtenschnieder, Vorsitzende des Herforder Fachverbandes Glücksspielsucht. „Der Automat gewinnt immer“, sagt Frank inzwischen.

Frank will nicht nur seine Sucht loswerden. Er hat noch andere Ziele: In vier Wochen wird er Vater, seine Freundin, mit der er seit elf Monaten zusammen ist, erwartet von ihm ein Kind. Was es wird? Frank hebt die Schultern. Hauptsache, es ist gesund. Darauf setzt er all seine Hoffnungen.

Weiterlesen im 3. Teil »


 
 



 

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