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Anleitung zum Sich-Verschnüren
Machen, endlich machen! Das große Yogabuch hat einen Knoten in meinem Kopf gelöst.
Von Natascha Kramer
Vor Jahren nahm ich an einem Kurs teil:
Yoga
für Anfänger. Ich war begeistert, das war genau der richtige Sport für mich. Lehrerin Christiane, eine biegsame Schönheit, erklärte jedoch, Yoga sei kein Sport, sondern eine Methode, um durch Körperübungen, Atem- und Meditationstechniken zu sich selbst finden. Prima! Ich war Mitte zwanzig und rund um die Uhr auf der Suche nach mir selbst. Als der Kurs vorbei war, machte ich den Vorsatz: weiterüben. Dummerweise stand an der Uni ein Prüfungsblock an und ich hatte zwei Nebenjobs. So schob ich meine guten Vorsätze erstmal beiseite, in eine Ecke meines Kopfes, in der sie nicht störten.
Doch wenn meine Bekannten von Yoga sprachen, leuchteten meine Augen. Ich begann dann davon zu erzählen, wie ich nach den Übungsstunden quasi nach Hause flog bin. Verknotet in den Beinen zwar, doch entknotet im Kopf. Jedes Mal nahm ich mir erneut vor, endlich wieder damit anzufangen. Zunächst blieb es aber beim Yoga in meinem Kopf. Ich spielte die Übungen gedanklich durch - bewegte meinen Körper aber keinen Zentimeter.
Kopf-Yoga ist eine beliebte Disziplin. Verwandte Kopfsportarten sind Kopf-Joggen, Kopf-Schwimmen und der regelmäßige Kopf-Besuch des Fitness-Studios, in dem man angemeldet ist und monatlich Gebühren bezahlt. Gemeinsames Prinzip dieser, nennen wir sie, Freizeitbeschäftigungen: Im Kopf läuft’s gut, nur zu realen Handlungen kommt es nie. Kein Körperteil muss je gerührt werden, nie kommt man ins Schwitzen. Der große Nachteil: Das gute Gefühl, das man nach einem anstrengenden Training hat, fehlt. Den Kopf-Sportlern geht es die ganze Zeit mies, denn sie schleppen die Last der guten Vorsätze mit sich herum. Nicht-Handeln macht auf Dauer krank.
Dass ich überhaupt Kopf-Yoga machte, war trotzdem ein Wunder. Denn mein Kopf war eigentlich ausgebucht mit anderen Vorsätzen, Absichten und heroischen Plänen. Zum Beispiel: Jeden zweiten Tag mindestens einen Kilometer schwimmen (leider merkte ich, dass das nächstgelegene Hallenbad von Pilzen befallen war). Weniger Wein trinken, dafür mehr Kräutertee (nach einem stressigen Arbeitstag fühlte sich ein Glas Wein allerdings besser an als jedes ayurvedische Gebräu). Endlich meine Grundschulfreundin anrufen (grundlos verschoben) und meinen Zahnarzt (aus gutem Grund verschoben). Einen Roman schreiben.
Und natürlich mit Yoga weitermachen.
Diesen letzten Vorsatz formulierte ich irgendwann allerdings um: Nicht mehr weitermachen wollte ich, sondern wieder beginnen. Das klang passender, nach drei yogafreien Jahren. Die Details der Übungen hatte ich vergessen. Aber wozu gab es all die Yoga-Bücher? Ich würde es einfach im Selbststudium lernen! Als ich mit einer Freundin über mein Vorhaben plauderte, sagte sie beiläufig: "Wenn schon Yoga nach Buch, dann Das große Yogabuch von Anna Trökes." Da meine Freundin einen guten Riecher für Bücher hat, nahm ich mir vor, es zu kaufen.
Es dauerte ein weiteres Jahr, bis ich es tat. Dann saß ich endlich in meinem Wohnzimmer, mit dem Buch auf den Knien. Ich machte es mir bequem, blätterte die Seiten durch und bekam Lust. Lust, mich barfuss auf ein Bein zu stellen und meine Hände über dem Kopf zusammen zu führen. Lust, mich rückwärts zu biegen und meine Zehen zu greifen. Und bei all dem nicht umzukippen.
Seitdem übe ich wieder. Je mehr ich mich verknote, umso mehr entknotet sich mein Gehirn. Dann bin ich gelassen genug, eine neu erlernte Yoga-Haltung geduldig weiter zu üben.
Die Zeit der Ausflüchte und des Kopf-Yogas ist vorbei. Seit ich zum ersten Mal einen guten Vorsatz beerdigt und eine Gewohnheit aus ihm gemacht habe, ist mein Leben verändert. Das große Yogabuch von
Anna Trökes
hat den Knoten in meinem Kopf gesprengt.
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