"Do It!" ist ein Buch, das mit mir spricht. Um genau zu sein: Es schreit mich an und gibt mir Befehle. Ich bin ganz süchtig danach.
Von Hannah Wadle
Endlich, ich tue es. Ich schreibe über das Buch, das mir in seinem quietsch-orangen Plastikeinband ununterbrochen zuruft "Do it! Tu es!".
Es kommt mir banal vor, einfach ein Wort hinter das andere zu setzen. So, als wäre "Do It!" ein ganz normales Buch, das nun eine ganz normale Kritik bekommt. Denn "Do It!" ist geradezu eine Bibel für mich. "Do it!" weiß immer eine Antwort, "Do it!" bringt mich zum Schmunzeln, Verzweifeln, nimmt mich in den Schwitzkasten und wirbelt mich durch die Luft. "Do it!" habe ich erst ein einziges Mal verliehen. An meinen ersten Freund - als Vertrauensbeweis. Das bereue ich heute noch.
Meine Freunde dürfen es natürlich gerne bei mir einsehen. Yvonne, zum Beispiel, verlässt mein Zimmer nie, ohne einen Blick in das "magische Buch" zu werfen und mich jedes Mal aufs Neue zu bitten, es ihr doch "nur für eine Woche" zu überlassen.
Neutral betrachtet ist "Do it!" die Buchversion zu der von Hans-Ulrich Obrist gestalteten gleichnamigen Ausstellung, die durch die ganze Welt zog und an mehreren Plätzen gleichzeitig zu sehen war. Die Ausstellung, auch als Internet- und Fernsehversion vorhanden, dreht sich um Handlungsanweisungen und ist von über 120 Künstlern gestaltet. Alle geben sie Anweisungen: verrückte, tödliche, unmögliche, sonderbare, simple.
Und für mich das Wichtigste: sie machen den Rezipienten zum Künstler, sie geben mir vor, verrückt zu sein, diese Regeln sind oft sogar regelwidrig - das macht sie mir unwiderstehlich.
Ein Satz reicht manchmal aus, manchmal nicht zwei Seiten. Es gibt Anleitungsskizzen, die weniger anleiten als verwirren, Sätze, die verdrehter sind, als sie klingen.
Als ich das Buch 2005 im Zustand euphorischer Verliebtheit in einem Kunstverlag des winterlichen Frankfurt erwarb, konnte ich nicht ahnen, dass es den orangefarbenen Faden in meinem Leben beginnen würde. Ungefähr ein Jahr später ließ ich mich zu einer spontanen Kunst-Aktion hinreißen: ich kopierte meine Lieblingsinstruktionen und verteilte sie unter dem ahnungslosen Volk auf dem Freiburger Weihnachtsmarkt wie Reklamezettel.
Ich fühlte mich wie eine einsame Actionkünstlerin und bin heute noch stolz darauf. Auch nach acht Stunden in der Uni-Bibliothek kann ein Blick in "Do it!" über die Dauerbelehrung des gerade Gelesenen hinwegtrösten. Und für eine unkommunikative Freundesrunde wirkt "Do it!" als eine Art "Ver-freaker". Dieses Buch rechtfertigt die Pragmatik des Verrückten.
Ich fühlte mich wie eine einsame Actionkünstlerin und bin heute noch stolz darauf. Auch nach acht Stunden in der Uni-Bibliothek kann ein Blick in "Do it!" über die Dauerbelehrung des gerade Gelesenen hinwegtrösten. Und für eine unkommunikative Freundesrunde wirkt "Do it!" als eine Art "Ver-freaker". Dieses Buch rechtfertigt die Pragmatik des Verrückten.
"Do It!" spricht mit mir. Nein - es schreit mich sogar an, es pustet mich vom warmen Sessel. Beweg dich, denk dir was aus, sei
strange
, sei Künstler, sei Objekt und merke wie verrückt das Normalsein ist. "Do it!" macht abhängig. Also "Do It!":
"Invite a stranger into your home for breakfast!" (Ben Kinmont)
"Go to your wardrobe, find the coolest stuff you have, put them on leave the house, explore the city, pocket money is optional but don’t forget your key(s)". (Chitti Kasemkitvatana)
"Compatibility test for couples "Ingredients: 1 table, 1 blender, large milkshake glasses, cutting board, large basket with as many kinds of fruits and vegetable as possible.
Instructions:
1) Select the fruit or vegetable that you identify with the most
2) select a fruit or vegetable that is more similar to your partner
3) mix a shake with it, and judge by its flavour the compatibility with your partner." (Pedro Reyes)
"Do it move… your finger up and down for a minute every morning"
(Jonas Mekas)
Hans-Ulrich Obrist "Do It!", die gebundene "Extended Version" bei Vice Versa, ISBN 3865881300