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Quentin Tarantino

Das Aspirin-Gespräch

TEIL 3

Wenn man einen Grindhouse- oder einen Exploitation-Film macht, bringt es nichts, wenn der Regisseur ein Gentleman ist. Du brauchst jemand, der geil ist. Du willst einen Typen, der Frauen sexy findet und du willst wissen, was er an ihnen sexy findet. Es ist Standard in Exploitation-Filmen, dass die Weiber sich ausziehen und willig sind. Das ist Teil des Produktes, das du verkaufst.

In meinem speziellen Fall präsentiere ich ihre Ärsche, ihre Beine und stecke sie in enge T-Shirts, die ich übrigens selbst ausgesucht habe. Die Mädchen sind echte Granaten, sie sind selbstbewusst und spielen mit den Weichei-Jungs. Doch dann kommt Stuntman Mike ins Spiel, und der ist ganz anders. So einen Typen haben sie noch nie getroffen. Da sitzen also diese großmäuligen und allmächtigen Schlampen aus der ersten Mädchenclique so selbstgefällig da, und plötzlich stampft dieser Dinosaurier herein. Damit kommen sie nicht klar. Das ist das Interessante hinsichtlich des sexuellen Kontextes in der ersten Hälfte des Films. Die Mädchen in der zweiten Hälfte sind dann natürlich aus anderem Holz geschnitzt.

Du hast eben Ärsche und Beine erwähnt. Hast du die Füße absichtlich weggelassen? Die erste Einstellung im Film sind nackte Mädchenfüße. Dazu weiß seit "Pulp Fiction" und "Kill Bill" alle Welt, wie Uma Thurmans blanke Füße aussehen, ganz zu schweigen von denen Bridget Fondas in "Jackie Brown".

Ich mag Mädchenfüße. Sehr sogar. Ich würde mich allerdings nicht als Fußfetischisten bezeichnen. Männer stehen normalerweise auf Titten, ich bin nicht so der Titten-Typ. Aber guck dir zum Beispiel Filme von Sofia Coppola an, da hast du auch ständig Füße. Zwei nackte Füße, dahinter eine Steadycam direkt über dem Boden, das ist aus Regisseurssicht einfach immer eine prima Einstellung. Mache ich gerne, weswegen die Leute langsam sagen, ich hätte da gewiss eine Obsession.

Noch kurz was zu der von dir erwähnten Szene in " Jackie Brown ". Die stand ursprünglich gar nicht im Drehbuch, es ist also nicht so, als hätte ich es darauf angelegt, dass mir beim Abfilmen von Bridget Fondas Füßen einer abgeht - obwohl sie natürlich sehr hübsch sind. Robert de Niro sitzt also da im Sessel, das Whiskeyglas auf der Lehne abgestellt, und Bridget fängt plötzlich von sich aus an, mit ihrem großen Zeh am Glasrand rumzumachen und de Niro zu necken. Auf einmal lag so eine sexuelle Spannung in der Luft und ich meinte zu Bridget: "Weißt du was: Wenn schon, dann machen wir´s richtig geil. Ich hole das scheiß Makro-Objektiv und halte es an den Glasrand. Du stellst dir vor, dass dein Zeh King Kong und das Glas das Empire State Building ist. Los, besteig´ es, du Schlampe!".

Sie hat es offenbar verstanden.

Oh ja, sie hat´s sofort geschnallt! "Ja, Quentin, ich weiß genau, was du willst" - das waren ihre Worte.

Zur Musik. Wie sieht deine Plattensammlung aus?

Ich habe ein Haus gekauft, in dem vorher eine Familie wohnte. Da gibt es ein großes Schlafzimmer mit angrenzendem Babyraum. Da ich kein Baby habe, funktionierte ich ihn zum Plattenraum um. Ich habe ihn wie meinen eigenen Second-Hand-Plattenladen dekoriert. Dafür habe ich auch Plattenständer bauen lassen, in denen man bequem blättern kann, mit Trennern aus Plastik. Ganz vorne stehen die Künstler, die mir am wichtigsten sind, jene, die über allen anderen Kategorien stehen.

Welche sind das?

Es muss erstmal alles Vinyl sein, deshalb ist nichts Neues dabei. Kate Bush steht da, Bob Dylan, Elvis, Johnny Cash, Richard Prior, George Carlon, die Band, über die ich in ´Death Proof´ spreche - Dave, Dee, Dozy, Bicky, Mick and Titch, außerdem die Partridge Family, David Cassidy und die Folksängerin Melanie, von der ich großer Fan bin. Dahinter habe ich alles sortiert. Fächer für 50er, 60er, 70er und 80er und ein kleines für 90er. Und danach ist alles in Genres unterteilt. British Invasion, Psychedelic, Soul, Rap, Country, Rockabilly, Novelty, Comedy, Kinderplatten. Das ist eine große Sektion. Dann habe ich eine andere riesige Abteilung mit Soundtracks. Die ist noch mal in Unterkategorien geteilt, wie Blaxploitation, Biker-Filme und Agentenfilme. Und natürlich Spaghetti-Western.

Wie viele Platten hast du insgesamt?

Puh, keine Ahnung, ich hab sie nie gezählt. Wenn man mal damit anfängt, sie zu zählen, merkt man wahrscheinlich um so mehr, wie durchgeknallt das alles ist. Jedenfalls habe ich mittlerweile so viele Platten, dass ich sie gar nicht mehr alle einsortieren kann, ich schiebe also ständig irgendwelche Stapel von links nach rechts und wieder zurück.

Hast du gar keine CDs?

Doch doch, ich hab schon ein paar, allerdings gibt es keinen richtigen Ort, an dem ich sie aufbewahre. Hier und da steht mal ein kleiner Stapel herum, aber es sind insgesamt höchstens 20 CDs, die ich regelmäßig höre. Ich verliere auch ständig welche. CDs sind für mich ohnehin ein Wegwerfprodukt. Ein paar von ihnen habe ich in zwei Jukeboxes gesteckt. In der einen sind meine privaten Lieblings-CDs, die ich höre, wenn ich allein bin, die andere ist mit HipHop, Soul und Partymusik gefüllt und wird angeschmissen, wenn ich Besuch habe.

Eine andere meiner Jukeboxes, sie heißt Amy, ist auch in " Death Proof " zu sehen. Das ist dieses coole, alte Ding in der Bar, das noch mit Singles arbeitet. In der kompletten ersten Hälfte des Films ist Amy so etwas wie der DJ. Die Songs, die aus ihr kommen, sind allesamt aus meiner privaten 7"-Sammlung und finden sich auch auf dem Soundtrack. Worauf ich in diesem Zusammenhang noch stolz bin, ist, dass alle Singles, die ich habe, keine Nachpressungen, sondern Originale sind. Zwar nicht alles US-Originale, da schummle ich ein bisschen, aber immerhin europäische Original-Pressungen, weil diese einfacher zu finden sind, außerdem gibt es in Europa bessere Plattenläden, vor allem in Stockholm, Amsterdam, London und Berlin.

Wie viel Zeit investierst du in die Zusammenstellung des Soundtracks für deine Filme?

Im Prinzip beschäftige ich mich schon mit dem Soundtrack, während ich das Drehbuch schreibe. Ich versuche erst mal, den Rhythmus des Films zu finden. Das ist der Beat, zu dem der Film tanzen wird. Bei " Pulp Fiction " zum Beispiel war der Beat Surf Musik, die klang, als wäre sie Rock'n'Roll-Spaghetti-Western-Musik. Bei " Jackie Brown " ist es Old-School-Soul. Wenn ich einmal die richtige Nummer für die Eröffnungssequenz gefunden habe, läuft alles von alleine.

Musik ist so wichtig für mich. Wenn ich manchmal etwas müde beim Drehbuchschreiben werde, gehe ich in meinem Plattenraum und höre mir Zeug an, bei dem ich schon entschieden habe, es zu verwenden. Dann stelle ich mir das Publikum vor, wie es die fertig geschnittenen Szenen mit der Musik sieht, wie aufgeregt es ist. Das verschafft mir die richtige Stimmung, um weiterzuarbeiten.

Was das gerade von dir erwähnte müde und genervt sein während des Arbeitens betrifft, hört man da von deinen Darstellern und Mitarbeitern durchaus erfreuliche Dinge. Sie behaupten, dass du nie ein Arschloch bist oder ausrastest, angeblich bist du immer mit Frohsinn bei der Sache.

Sagen sie das nur, weil sie auch in deinem nächsten Film dabei sein wollen? Ich bezweifele, dass ich wirklich so cool bin. Filmen kann sehr stressig sein. Aber trotzdem bin ich dort, um Spaß zu haben. Ich will natürlich meine Arbeit schaffen und meine Visionen umsetzen, aber dabei will ich auch, dass jeder am Set Spaß hat. Ich merke, dass Leute am besten arbeiten, wenn sie eine gute Zeit haben. Aber es kommt durchaus vor, dass mir der ein oder andere Schauspieler mal auf den Sack geht. Da halte ich mich dann zum Wohle eines reibungslosen Drehs zurück und warte, bis das Ganze im Kasten ist. Hin und wieder knöpfe ich mir die Leute dann nachher noch mal vor.

Letzte Frage: Machst du mal irgendwann Pause?

Die hatte ich eigentlich schon, und zwar in der Zeit zwischen " Jackie Brown " und " Kill Bill" , da gönnte ich mir mal ein paar Monate Auszeit. Tatsache ist: Ich schreibe ständig. Derzeit habe ich zwar noch nichts Konkretes, was ich hier jetzt ausbreiten könnte, grundsätzlich ist es aber so, dass meine Arbeit nie ruht. Ich bin bei meinen Filmen sowohl der Drehbuchautor als auch der Regisseur, das gehört für mich auch zusammen. Ich würde niemals das Drehbuch von jemand anderen verfilmen. Jedes meiner Projekte beginnt mit einem leeren Blatt Papier. Von Seite 1 an ist alles mein Ding. Ihr werdet es früh genug merken, wie das nächste aussieht.

Wir sind gespannt. Vielen Dank fürs Gespräch.

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