Nach zehn Tage in einer Klinik, wusste er, dass er sich scheiden lassen musste. Seine Frau hat ihm das bis heute nicht verziehen: Sie outete ihn im Dorf und ruinierte damit seine Existenz. Brücker musste den Ort verlassen. Dennoch sagt er heute: "Noch nie in meinem Leben habe ich mich so frei gefühlt."
Roland Deuber von den Swissgayfarmers rät jungen schwulen Bauern, ihr Schwulsein offen auszuleben. Zwar gebe es dann immer einige im Ort, die sie nicht mehr grüßen würden, aber nach einer Weile höre wenigstens das Gerede auf. "Für die Leute ist Homosexualität nur so lange interessant, wie sie geheim gehalten wird. Wenn der Bauer von Anfang dazu steht, akzeptieren das auch die meisten."
Georg Brücker, der heute mit einem schwulen Bauern in der Schweiz liiert ist, hat diese Erfahrung gemacht. Seit er in seiner neuen Heimat offen über seine Homosexualität spricht, respektieren ihn die Leute. Gefreut hat ihn dabei vor allem, dass ehemalige Arbeitskollegen, die früher über Schwule gelästert hatten, ihm weiter die Freundschaft halten.
Doch ganz ohne Probleme lässt es sich für ihn auf dem Land noch immer nicht schwul sein. Brücker sucht gerade einen neuen Hof, da der Vater seines Freundes sich weigert, dem Sohn seinen Betrieb zu vererben. Der Kauf gestaltet sich schwierig: Viele Bauern treten ihren Hof lieber an heterosexuelle Familien ab, da sie glauben, diese könnten den Fortbestand eher garantieren.
Wie denkt Georg Brücker also heute über seine Homosexualität? Dass er so früh eine Frau geheiratet hat, bereut er. Im Blick zurück erscheint ihm dieser Schritt aber verständlich. In seiner Jugend habe er einfach keine Möglichkeit gehabt, einschlägige Bars zu besuchen. Auch kannte er damals niemanden, der offen schwul war.
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Erst vor kurzem hat er erfahren, dass sein bester Jugendfreund auch homosexuell ist. Seit er das weiß, überlegt er häufig, ob sein Leben vielleicht auch ganz anders verlaufen hätte können.