Unter Präsident Obama werde für schwarze Amerikaner alles schlechter, sagt HipHop-Aktivist Troy Nkrumah.
Fragen von Oskar Piegsa
Zuender: Barack Obama ist der erste Politiker auf dem Cover des HipHop-Magazins Vibe. Will.I.Am von den Black Eyed Peas hat ein Lied für ihn veröffentlich, in der vergangene Woche folgte Ludacris. Erleben wir gerade, dass politischer HipHop aufhört, eine Form des Widerstandes zu sein, und in die Nähe des politischen Mainstream rückt?
Troy Nkrumah: Es ist das erste Mal, dass wir so einen Schub von Unterstützung von Rappern für einen einzelnen Politiker sehen. Gleichzeitig ist das aber nicht der Konsens in der HipHop-Community. Wir erleben da gerade eine Spaltung. Es gibt sozialkritische Rapper wie Common, die Obama unterstützen. Und dann sind da militantere und radikalere Gruppen wie Dead Prez oder Immortal Technique, die eher Cynthia McKinney unterstützen, die Präsidentschaftskandidatin der Grünen. Die Demokraten beginnen gerade zu verstehen, dass unsere Stimmen für sie nicht selbstverständlich sind. Wir in der HipHop Community werden nicht um jeden Preis für Obama stimmen, nur weil er jung und schwarz ist. Wir sind da schon differenzierter.
Zuender: Was sind Ihre Probleme mit der Politik von Obama und den Demokraten?
Troy Nkrumah: Obama hat mich verloren, als er Israel seine bedingungslose Unterstützung aussprach. Das kann nicht im Sinne von jemandem sein, der sich für Menschenrechte engagiert. Außerdem reden die Demokraten davon, die Bürgerrechte in Amerika zu schützen. Aber gerade wurde ein Gesetzesentwurf verabschiedet, der die Telekommunikationsfirmen wie AT&T, die der Bush-Regierung Informationen über ihre Kunden preisgaben, nicht zur Verantwortung zieht. Wenn du etwas genauer hinschaust siehst du, dass AT&T den nächsten Parteitag der Demokraten sponsort. Ein anderes Gesetz, das Obama unterstütze, war der Homegrown Terrorism Prevention Act. Der macht es zu einer schweren Straftat, wenn du auf Demonstrationen zivilen Widerstand leistest, zum Beispiel indem du dich an Blockaden beteiligst. All diese kleinen Dinge müssen wir als politische HipHip-Community an die Leute bringen. Es wird nicht alles gut sein, wenn wir Obama wählen. Es wird sogar noch schwerer für uns werden, diese Anliegen als rassistisch zu benennen, denn man wird uns dann sagen: Schaut mal, es ist doch ein Schwarzer, der diese Politik macht.
Zuender: Verstehe ich Sie gerade richtig? Sie sagen, dass Obama rassistische Politik betreibt?
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Troy Nkrumah: Nicht unbedingt rassistische, aber unterdrückerische Politik. Bürgerrechte werden uns weg genommen. Obama spricht auch nicht mehr in der selben Form davon, den Irak-Krieg zu beenden, wie er das noch vor einigen Monaten tat.
Zuender: Wenn Obama die Protestformen der Bürgerrechtsbewegung kriminalisiert – betreibt er damit ihren Ausverkauf?
Troy Nkrumah: Nein. Dafür hätte er Teil dieser Bewegung seien müssen. Du kannst nicht etwas ausverkaufen, in das du dich nie eingekauft hast. Das Problem mit Obama ist, dass er sehr intelligent ist. Aber wenn selbst dieser intelligente Präsident nichts am System verändert, werden wir nur noch enttäuschter sein. Es gab in den 70er Jahren mal eine Diskussion, in der gefordert wurde, dass es mehr schwarze Bürgermeister geben müsse. Also begannen mehr Leute zu kandidieren – und Anfang der 90er hatten wir über 300 schwarze Bürgermeister. Aber die Schwarzen und Latinos in ihren Städten litten immer noch.