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Hassliebe

Barack, We Love You!

Vor ein paar Jahren demonstrierten sie noch gegen Amerika. Jetzt jubeln sie für einen Präsidentschaftskandidaten, den sie nicht wählen dürfen. Unterwegs in Berlin mit Daniela und Tobias vom deutschen Obama-Fanclub.

Daniela hat einen Plan. "'Barack, we love you!' rufen, das wär’s", sagt sie. Tobias nickt: "Am besten dann, wenn er eine Gesprächspause macht, so mitten in die Stille rein", schlägt er vor, "ich nehm dich huckepack". Drei Stunden haben Daniela und Tobias schon vor der Siegessäule in Berlin gewartet. Sie haben sich die besten Plätze gesichert, mit direktem Blick auf das Rednerpult, "Wäre ’ne Groupie-Aktion", gibt die 26-jährige Studentin zu, "aber vielleicht kuckt er dann ja rüber".

Motiviertere Anhänger als Tobias Mojsetschuk und Daniela Pilz kann sich Barack Obama eigentlich nicht wünschen. Seit den Morgenstunden ist Tobias  unterwegs. Er ist aus Nürnberg angereist, um Obama in Berlin zu sehen. Er und Daniela haben sich blaue Obama-Fanbuttons an die T-Shirts gepinnt, sie schwärmen vom Charisma des Kandidaten, verteidigen sein Wahlprogramm und schlagen sich seit Monaten die Nächte mit CNN um die Ohren. Die neusten Entwicklungen im amerikanischen Wahlkampf veröffentlichen und kommentieren sie direkt auf der eigens gegründeten Website ObamaNetwork.eu .

"America votes, Europe hopes" ist der Slogan dieser Website. Mehr als hoffen können Daniela und Tobias nicht, schließlich dürfen sie sich an der amerikanischen Präsidentschaftswahl nicht beteiligen. "Es wäre schon toll, wenn man im November bei Obama sein Kreuzchen machen dürfte", sagt Tobias. Denn: Obama habe einfach mehr Anziehungskraft als die deutsche Politik findet der 22-Jährige. "Angela Merkel hat zwar auch ihre Podcasts, aber Gesundheitsreform und Pendlerpauschale sind zäh und langweilig."

Bevor Barack Obama am Donnerstagabend um viertel nach sieben vor der Berliner Siegessäule auftritt, herrscht hingegen Popstar-Feeling: Bierbecher auf dem Boden, Popmusik aus den Lautsprechern und Festival-Atmosphäre.

Trotzdem ist Daniela mit ihrer Amerikaflagge um die Hüften eine Ausnahmeerscheinung unter den jungen deutschen Zuhörern, die schließlich der Studentengeneration angehören, die vor wenigen Jahren noch mit Amerika-kritischen Parolen gegen den Irakkrieg protestierte. Auch Daniela zog damals noch mit Pace-Fahne statt Sternenbanner auf die Straßen. Einen Widerspruch findet sie das jedoch nicht: "Ich war nie anti-amerikanisch eingestellt", sagt sie, "sondern frustriert über deren Außenpolitik".

So wie Daniela geht es vielen Studenten, sagt Politikwissenschaftler Magnus-Sebastian Kutz, der zu dem amerikanischen Wahlkampf forscht. "Man spürt eine Art Hassliebe dieser jungen Generation zu den USA", sagt er. "Schließlich haben viele in ihrer Kindheit die USA als Vorbild kennen gelernt. Aber dann sind sie mit George W. Bush, dem Irakkrieg und dem daraus resultierenden Zerwürfnis des transatlantischen Bündnisses politisiert worden".

Da komme Barack Obamas Botschaft des "Change" genau zur richtigen Zeit: "Sicherlich erhoffen sich viele junge Deutsche mit einer Wahl Obamas auch einen Wandel der deutschen Beziehungen zu den USA." Außerdem sei Obama schon jetzt Repräsentant eines neuen Politikstils, der durch Idealismus geprägt sei: "Sollte er tatsächlich der nächste Präsident werden, kann er eine symbolische Figur sein, die für eine neue Politisierung der jungen Leute sorgt."

Danielas und Tobias’ Politik-Leidenschaft hat Obama jedenfalls entfacht. Danielas Plan haben sie aber dennoch verworfen: Eine Liebeserklärung während der Rede wäre doch unpassend gewesen, findet sie. Aber später, als Obama zum Händeschütteln an den Absperrungszaun trat, hat sie sich getraut und "Barack, we love you!" gerufen. Ein paar irritierte Blicke von deutschen Zuhörern hat sie zwar geerntet. Aber "Barack", sagt sie, "hat hergekuckt".

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