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Medien

„Bagdad war ein Abenteuer“

TEIL 2

Ich war gelangweilt davon, Bands für das Vice Magazin zu interviewen und wollte eine neue Herausforderung. Nach Bagdad zu fahren war ein Abenteuer.

Andere Menschen sitzen in einem Bürgerkrieg, den sie nicht verlassen können, und Sie machen einen Abenteuerausflug dorthin. Ist das nicht etwas zynisch?

Ich kann verstehen, dass durch den Film dieser Eindruck entstehen kann. Aber so arbeiten wir eben. Wir haben immer versucht, schlaue Dinge auf dumme Weise zu tun. Ja, der Nervenkitzel, in ein Kriegsgebiet zu fahren, war Teil der Motivation. Aber unterm Strich geht es doch um unser Anliegen: Auf die humanitäre Krise im Irak aufmerksam zu machen und die Iraker von einer anderen Seite zu zeigen.

Das ist Ihnen sicher auch gelungen. Trotzdem: In klassischen Dokumentarfilmen stehen die Filmemacher eher im Hintergrund. Sie dagegen zeigen in vielen Szenen Ihre eigenen Erfahrungen im Irak.

Der Film ist eine Kombination aus Reisegeschichte, Rockumentary und Kriegsreportage. Journalistische Objektivität war noch nie unser Ansatz. Bei Vice setzen wir auf eine subjektive Perspektive, untermauert mit gut recherchierten Fakten. So auch in diesem Film.

Wir haben keine Ahnung, wie man einen klassischen Dokumentarfilm macht, weil wir keine Filmemacher sind. Dass aus der Geschichte ein Dokumentarfilm wurde, war ein Unfall. Ursprünglich wollten wir nur ein kurzes Video drehen, das dann entweder auf DVD oder auf unserer Webseite VBS.TV erscheinen sollte. Irgendwann hatten wir aber so viel Material, dass Bernardo Loyola, der unsere Beiträge schneidet, vorschlug, daraus einen Film zu machen.

Reden wir über die Band. Wieso fangen irakische Jugendliche an, ausgerechnet Heavy Metal zu spielen?

Ihr Leben bestand darin, Kriege zu überleben – erst den Krieg zwischen Iran und Irak , dann den zweiten und später den dritten Golfkrieg . Heavy Metal zu spielen war für sie der einzige Weg, der Situation in einem Land zu entkommen, das sie nicht verlassen konnten. Es war eine Flucht. Dass sie ausgerechnet diese Art von Musik wählten, leuchtet ein: Wie Faisal, der Sänger, es einmal sagt: Sieh dich um, der Alltag in Bagdad ist Heavy Metal.

Außerdem war Heavy Metal eine Möglichkeit zur Rebellion. Was konnte sich besser dafür eignen, gegen Saddam Hussein zu rebellieren als ein aggressiver, westlicher Musikstil?

Welche Konsequenzen hatte eine Band zu fürchten, die unter Saddam Hussein Heavy Metal spielte?

Unter Saddam war die irakische Gesellschaft säkularer als heute, aber auch damals galten Acrassicauda mit ihrem Musikstil als ziemlich seltsam und unkonventionell. Sie durften auftreten, mussten aber Zugeständnisse machen – etwa ein Loblied auf Saddam in ihr Repertoire aufnehmen.

Und nach dem Sturz von Saddam?

Es gab eine kurze Periode des Aufatmens, bevor sich die Situation wieder verschlimmerte. Die Band erhielt Todesdrohungen von fundamentalistischen Islamisten, die ihre Musik für westliches Teufelszeug und anti-islamisch hielten. Auch von Menschen, die meinten, die Band hätte etwas gegen die irakische Regierung.

Durch ihren Dokumentarfilm und das Presseecho ist die Band bekannt geworden. Hat sich das Risiko für sie und ihre Familien dadurch erhöht?

Ihren Familien geht es meines Wissens nach gut. Sie wollen nur nicht, dass ihre Söhne nach Bagdad zurückkehren. In der Türkei sind sie mittlerweile sehr bekannt und das würde das Leben in Bagdad riskanter machen.

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