Die Macher des Vice Magazins haben einen Dokumentarfilm über eine irakische Heavy Metal Band gedreht. Und es sieht aus, als hätten sie dabei viel Spaß gehabt.
Chris Köver sprach mit Regisseur Suroosh Alvi
In einer Szene des Films schaut Suroosh Alvi in die Kamera und sagt: „Was wir hier tun, ist gefährlich, riskant, manche würden sagen, komplett bescheuert – aber Heavy Metal rules!“ Er sieht dabei aus, wie ein kleiner Junge, der gerade auf einer Baustelle einbricht. Seine Augen blitzen und er grinst ein wenig. Die Aufregung, ganz nah an einem echten Bürgerkrieg sein zu dürfen, steht ihm ins Gesicht geschrieben.
Die Szene stammt aus dem Film
Heavy Metal in Baghdad
, eine Dokumentation über die irakische Heavy Metal Band
Acrassicauda
. Und Alvi ist kein kleiner Junge, sondern ein erwachsener Mann von 39 Jahren , der zusammen mit Eddy Moretti die Regie führte.
Eigentlich sind Moretti und Alvi von Beruf
Gonzo-Journalisten
. Das
Vice Magazine
, das Alvi mitbegründete und bei dem beide arbeiten, ist besonders wegen seines unverwechselbaren Stils bekannt:
Gängige journalistische Maßstäbe
sind weniger wichtig, stattdessen liefert das Magazin subjektive Geschichten, die sich kaum um politische Korrektheit scheren.
Das Konzept geht offenbar auf: Mittlerweile ist
Vice
zu einem
weltweiten Imperium
gewachsen, zu den zahlreichen nationalen Zweigstellen, dem Buchverlag, Plattenlabel und der Filmproduktionsfirma kam vor Kurzem ein
eigenes Fernsehenprogramm im Internet
.
Über
Acrassicauda
stolperten die
Vice
-Macher im Jahr 2004. Vier Jungs in Bagdad, die auf
Metallica
stehen und Heavy Metal spielen – wenn es diese Geschichte nicht gäbe, hätte
Vice
sie erfinden müssen. Nachdem der erste Versuch, die Band zu treffen im Sommer 2005 scheiterte, fuhren Moretti und Alvi ein Jahr später nach Bagdad, um zu sehen, was aus
Acrassicauda
geworden ist. Sie trafen dort Firas (Gitarre, Gesang) und Faisal (Bass). Die anderen beiden Bandmitglieder Tony (Gitarre) und Marwan (Schlagzeug) waren zu der Zeit bereits nach Syrien geflohen, wohin ihnen auch Firas und Faisal bald folgen sollten.
Sie und ihr Partner Eddy Moretti sind im Sommer 2006 nach Bagdad gefahren, als dort jeden Tag viele Menschen bei Anschlägen starben. Sind Sie verrückt?
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Man muss schon ein wenig verrückt sein, um das zu tun. Zu dem Zeitpunkt arbeiteten wir schon länger an dem Projekt mit
Acrassicauda
, und wir wussten, dass uns noch etwas fehlte, das wir nur dort finden würden. Also nahmen wir unseren ganzen Mut zusammen und fuhren hin.
Hättet Sie nicht zu einem weniger gefährlichen Moment fahren können?
Der Sommer 2006 war der einzige Zeitpunkt, an dem wir beide Zeit hatten. Wenn wir nicht gefahren wären, hätten wir die Geschichte nicht bekommen.
Was war Ihnen so wichtig an der Geschichte?
Wir waren fasziniert von dem Konzept einer Heavy Metal Band in Bagdad. Davon, dass ein Fragment unserer westlichen Kultur in ein Land wie den Irak gelangt. Wir wollten wissen, wie es ist, in Bagdad Heavy Metal zu spielen.
Außerdem passte die Geschichte perfekt zum Ansatz des Vice Magazins. Wir glauben an die Universalität von Jugendkultur.
Hatten Sie Angst?
Vor unserer Abreise hatte ich so große Angst, wie nie zuvor in meinem Leben. Als wir dann in Bagdad waren, wurden wir ständig an die Bedrohung erinnert: Geh' da nicht hin! Mach die Kamera aus! Geh jetzt ins Bett, die Ausgangssperre hat begonnen. Irgendwann gewöhnten wir uns an das Gefühl permanenter Angst.
In einigen Szenen des Films drängt sich der Eindruck auf, dass Sie die Angst auch genossen haben.