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Weltkulturerbe

Freie Fahrt für freie Bürger

In Dresden soll eine der schönsten deutschen Flusslandschaften einer Brücke weichen. Nach jahrelangem Rechtsstreit haben die Bauarbeiten jetzt begonnen. Die letzte Hoffnung: Umweltaktivisten, die einen Baum besetzt halten.

Am Rande der Wiese steht ein Schild, „Flächennaturdenkmal“ steht darauf. Es zeigt auf das Elbtal, eine Flusslandschaft, die so schön ist, dass sie von der zum Weltkulturerbe ernannt wurde. Wer nach links schaut, sieht weit hinten die vor dem steilen Hängen der Vororte verschwinden. Rechts baut sich die historische Barockkulisse Dresdens auf. Doch zwischen dem Schild und der Altstadt sieht es aus wie auf einem Minenfeld. Lastwagen dröhnen, laute Baugeräusche dringen herüber. Weiter vorn gähnt ein großer, brauner Krater, der von einem Bauzaun begrenzt wird. Davor stehen Bauarbeiter, die die Grube bewachen. Bald schon wird das Schild verschwinden. Denn hier entsteht die Dresdener Waldschlösschenbrücke.

Die Landschaft soll weichen, weil immer mehr Autofahrer die Elbe überqueren wollen. Nur vier innenstädtische Übergänge verbinden den Süd- und Nordteil der Stadt miteinander. Eine der Brücken, das vor 115 Jahren erbaute, berühmte „Blaue Wunder“, wird dem Straßenverkehr bald nicht mehr standhalten. Dann, so fürchten viele Einwohner, droht ein Verkehrsinfarkt. Das Problem ist nicht neu. Schon seit mehr als 100 Jahren träumen Stadtplaner daher von der einer Elbüberquerung an dieser Stelle. Ebenso lange jedoch gibt es Zweifel an dem Projekt: Ist der Verkehrsfluss die Zerstörung des Panoramas wert? Und würde nicht eine innenstädtische Brücke noch mehr Verkehr herbeiführen? Würden sich die vielen Transitfahrer nicht die Umgehungsstrassen ersparen und fortan direkt durch die Stadt fahren?

Die UNESCO hat vor einiger Zeit den Preis für die Brücke erhöht: Sollte die Brücke gebaut werden, droht der Stadt die Aberkennung des „Weltkulturerbe“-Titels. Die Dresdener aber haben 2005, bevor die Warnung ausgesprochen wurde, in einem Volksentscheid mehrheitlich für den Bau der Brücke gestimmt. Seitdem verläuft ein Graben zwischen den Stadtbewohnern, der tiefer ist als die Elbe. Die Stadt ist verpflichtet, das Völkerrecht anzuerkennen, sagen die Gegner des Brückenbaus. Demokratisch gefällte Entscheidungen dürfen nicht unterlaufen werden, argumentieren die Befürworter. Brückengegner riefen Gerichte an, blockierten, sammelten Unterschriften. Es gab Protestmärsche, Lichterketten und eine Brückenzeitung. Umsonst. Nachdem vor einigen Monaten noch ein Baustopp wegen einer gefährdeten Fledermausart verhängt wurde, verfügte nun das Oberverwaltungsgericht in letzter Instanz den Bau der Brücke. Auf dem Rechtsweg lässt sich die Waldschlösschenbrücke nun nicht mehr verhindern.

Sara-Ann Lampmann lacht. Das ist erstaunlich, denn seit drei Wochen sitzt sie Tag und Nacht auf einem 300 Jahre alten Baum. Der steht dort, wo bald der Brückenkopf gebaut werden soll. „Wir haben es hier oben gemütlich. Hier gibt es Hängematten, regenfeste Planen und Wärmeflaschen. Außerdem ist es ein tolles Gefühl, morgens aufzuwachen und unter sich hunderte Menschen zu sehen“, sagt sie. An diesem Donnerstag soll der Baum gefällt werden. Doch Sara-Ann wird nicht absteigen. Daher wird ein Sondereinsatzkommando der Polizei sie herunterholen. „Ich habe keine Angst“, sagt die Robin-Wood-Aktivistin. Wenn sie von ihrem Protest spricht, klingt sie vergnügt, fast freudig. , glaubt sie, steht hinter ihr. Zur Hälfte stimmt das. Im Jahr 2007 waren einer Umfrage des zufolge etwa 58 Prozent der Dresdner gegen eine Brücke in der jetzigen Form. Dreizehn Prozent sollen sich demnach wegen des gefährdeten Weltkulturerbetitels inzwischen umentschieden haben. Für Sara-Ann Lampmann ist das eine Bestätigung: „Seit dem Bürgerentscheid hat sich so viel geändert. Die Feinstaubbelastung ist enorm gestiegen. Außerdem entlastet die Brücke den Verkehr nicht. Die Stadt muss den Bürgern die Chance geben, sich für ein ökologisch vertretbares Verkehrskonzept zu entscheiden.“

Schon seit einiger Zeit liegen Alternativen auf dem Tisch. Zwar hat jeder der Vorschläge seine Tücken. So würde ein Tunnel an Stelle der Brücke würde ebenso viel Autoverkehr ermöglichen, aber Fußgänger ausschließen. Andere Brückenstandorte könnten kostengünstiger ausfallen, wären aber weiter von der Innenstadt entfernt. Doch diese Probleme scheinen überbrückbar. Bundesverkehrsminister Tiefensee () bot an, zusätzliche Kosten für eine mit der UNESCO abgestimmte Alternative aus dem Bundeshaushalt zu zahlen. Einen weiteren Elbübergang für Fußgänger haben diese bisher nicht gefordert. Und eine innenstadtferne Elbquerung lenkt den Transitverkehr an den Rand der Stadt. Nicht das Schlechteste für eine Barockstadt, die über Verkehrschaos klagt. Ein Kompromiss scheitert offenbar weniger am Alternativlosigkeit als am unbedingten Willen der Befürworter, die Brücke in ihrer jetzigen Form zu bauen. Als die Stadt einen „Perspektivenworkshop“ initiierte, um mögliche Brückenalternativen zu erörtern, stellte der sächsische ADAC-Chef Strafanzeige wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder. Auf der Website der Brückenbefürworter steht ganz oben deren erstes Argument: „Der Bürgerentscheid verpflichtet die Stadt Dresden, die Waldschlösschenbrücke zu bauen.“ Zur Bedrohung der Bedrohung der Landschaft findet die Initiative nur einige dünne Worte: Die Brückenkonstruktion sei durch ihre Transparenz dem Landschaftsraum besonders angepasst. Mit anderen Worten: Man kann durch die Brücke hindurchsehen. Auch Michael Kutschke, stellvertretender Pressesprecher der im sächsischen Landtag, die wie die die Brücke befürwortet, argumentiert mit der Rechtslage: „Die Brückengegner unterlaufen eine demokratische Entscheidung. Eine dynamische Großstadt wie Dresden muss das Recht haben, ihr Verkehrskonzept auszubauen.“ Im Februar läuft die Bindungsfrist des Volksentscheides aus. Sara-Ann Lampmann müsste also noch weitere drei Wochen auf dem Baum ausharren, um ihr Ziel zu erreichen. „Wir werden so lange auf dem Baum bleiben, bis wir entweder unsere Ziele erreicht haben oder gezwungen werden, zu gehen“, sagt sie. Sie wird wohl gehen. Und mit ihr das Schild, die Demonstranten und ein Ort, der Menschen Kraft gibt.

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