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CONTAINERN

Die Mülltaucher

TEIL 2

Wir fahren weiter zum nächsten Plus-Markt und finden Diätjoghurtdrinks und Vollmilch. Eigentlich ernährt sich Till vegan: keine Eier, Milch, nichts, was von Tieren stammt. Bei Produkten aus dem Container macht er allerdings eine Ausnahme. Container-vegan nennt er das. Container-Veganer dürfen alles essen, was sie aus dem Mülleimer retten – auch Tierprodukte. Denn wer nichts kauft, steigert auch nicht die Nachfrage nach Milch und Käse. Und die Produkte aus der Tonne würden ja sowieso weggeworfen.

Beim dritten Supermarkt trennt uns schließlich ein zwei Meter hoher Gitterzaun von den Mülltonnen. Für Till kein Problem, seine Wanderschuhe zwischen die Metallstreben klemmend, klettert er drüber. Warum zäunen Supermärkte ihre Abfälle eigentlich ein, frage ich mich.

Später erklärt es mir Andreas Krämer, der stellvertretende Pressesprecher der Rewe Group. Produkte, die zwar kurz vorm Ablaufen sind, aber trotzdem problemlos gegessen werden können, gibt Rewe an soziale Einrichtungen weiter. Der Verein Berliner Tafel holt zum Beispiel monatlich 250 Tonnen Lebensmittel von Supermärkten ab und gibt sie an Suppenküchen, Frauenhäuser und Beratungsstellen weiter. In den Container wandern also nur Lebensmittel, die schnell verderben. Dass jemand durch den Verzehr dieser Produkte möglicherweise erkranke, könne der Markt laut Krämer weder moralisch noch juristisch verantworten. Deswegen ist Containern illegal. Alle Produkte die Till in dieser Nacht aus den Mülleimern fischt sind Diebesgut. Wenn er über einen Zaun klettert, ist das sogar Hausfriedensbruch.

In dieser Nacht begeht Till bei drei von zehn Supermärkten Hausfriedensbruch. Doch es lohnt sich. Da in Berlin so viele Leute nachts hinter den Supermärkten im Müll wühlen, warten die besten Funde hinter Zäunen. In einem der eingezäunten Container findet er eine Wassermelone, drei Tuben Salatcreme und ein Paket Eier – von sechs Eiern ist nur eins beschädigt.

Die Tour ist mittlerweile von einer Safari zur Schatzsuche geworden. Till hat die Taschenlampe mit einem Riemen an der Stirn befestigt. Damit sieht er aus wie ein Minenarbeiter. Und auch in mir kommt Abenteuerlust hoch. Ich schiebe Wache bei den Zaunaktionen und freue mich über jeden Fund. Ekelig ist unsere Müllsuche nicht. Till hört immer auf zu graben, bevor er zu den kompostartigen unteren Schichten vordringt. Er sortiert nur die frischen Produkte in die mitgebrachten kleinen Tüten in den Fahrradtaschen.

Unser Highlight des Abends finden wir kurz vor Mitternacht, gegen Ende der Tour: Eine Packung Bio-Kartoffelsalat, den kauft Till sich manchmal sogar im Laden. Containern ist für Till nämlich nur ein Standbein der Lebensmittelbeschaffung. Er möchte nicht davon abhängig sein, dass die Supermärkte Ware wegschmeißen. Das ist das größte Dilemma eines politisch containernden Menschen: Was wäre, wenn er eines Tages mit leeren Händen von so einer Tour heimkehrte? Till würde sich freuen: "Das hieße, dass die Gesellschaft eine bessere wäre, weil keine essbaren Lebensmittel mehr wegschmissen würden." Bisher war das noch nie der Fall.

Und während wir darüber nachdenken, radeln wir zurück zu unserem Treffpunkt, dem McDonalds in Treptow. Jetzt mit zwei prall gefüllten Fahrradtaschen und einem vollem Wanderrucksack. Auch in meinen  Taschen liegt ein kleiner Schatz: Brot, Obst und Buttermilch. Das hat mir Till geschenkt. "Für dein Frühstück".

Weiterlesen im 3. Teil »


 
 



 

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