Der Musiker Fermin Muguruza singt mit seiner Band in baskischer Sprache – aus politischen Gründen. Zuender mit ihm über Nationalismus und Gewalt gesprochen.
Fragen von Kati Krause
Seit 1979 hat das Baskenland den Status einer
Autonomen Gemeinschaft
im Norden Spaniens. Doch baskischen Nationalisten geht diese Form der Selbstbestimmung nicht weit genug, sie fragen sich, warum die Region überhaupt Teil des spanischen Staates sein soll. Der Konflikt fand vor allem durch die Anschläge der baskischen Untergrundorganisation
Eta
seinen Weg in die Nachrichten. Mehr als 850 Todesopfer hat deren Terror seit ihrer Gründung im Jahr 1959 gefordert. Der spanische Staat reagierte oft hilflos mit Verboten und Gewalt. Nach den Bombenanschlägen auf Vorortzüge in der Hauptstadt Madrid im Jahr 2005 beschuldigte die Regierung des konservativen Premierminister José María Aznar die Eta – zu Unrecht, wie sich später herausstellte.
Du machst seit über 20 Jahren Musik. Sind Deine Lieder heute politischer als früher?
Meine Musik war schon immer politisch. Die Platten sind eine subjektive Chronik der spanischen Politik: Jedes Album spiegelt das Jahr wieder, in dem ich es aufgenommen habe. Aber im Grunde ist jede Musik politisch. Wenn sie nicht links ist, dann ist sie automatisch rechts. Bands, die bei einem großen Label unter Vertrag sind oder ihre Musik für Werbekampagnen zur Verfügung stellen, spielen den Soundtrack des Kapitalismus.
Mir geht es um Unabhängigkeit und Internationalismus. Gegen die Globalisierung, gegen die weltweite Gleichmacherei und die Zerstörung von Kulturen. Kultur muss verteidigt werden, deshalb gibt es in Deutschland eine Quote für deutsche Musik, und in ganz Europa Quoten für europäische Filme im Kino.
Anmerkung der Redaktion: Das stimmt nicht ganz. Solche Quoten wurden zwar immer mal wieder diskutiert, bisher aber nie durchgesetzt.
Viele Menschen verstehen mich leider falsch und verwechseln mein Anliegen mit Nationalismus oder gar Rassismus. Ich spreche aber davon, Kultur zu bewahren und Minderheitensprachen zu schützen. Ich singe auf euskera, also in baskischer Sprache, trete aber in der ganzen Welt auf.
Um den baskischen Patriotismus zu fördern?
Nein, das war nie meine Absicht. Ich wollte immer nur erreichen, dass meine Generation und die nachfolgenden das Vertrauen in ihre Kultur zurückgewinnen.
Die Partei Batasuna wurde im Jahr 2001 gegründet, ihre Vorgängerorganisation Herri Batasuna bereits 1978. Weil Batasuna der Eta nahe stehen soll (manchmal wird sie sogar als politischer Arm der Terroristen bezeichnet) ist die Partei im Jahr 2003 verboten worden. Das Verbot konnte aber im Baskenland nicht vollständig durchgesetzt werden. Viele Protagonisten der Batasuna traten unter anderen Parteinamen weiterhin zu Wahlen an. Deshalb wurde das Verbot vor den Kommunalwahlen in diesem Jahr noch einmal verschärft und ausgeweitet.
Du hast offen mit Herri Batasuna, der Vorgängerpartei der verbotenen Batasuna, sympathisiert. Und Du warst im Jahr 1999 Kandidat einer linksnationalistischen Partei für das Europa-Parlament. Welche Rolle spielst Du in der baskischen Politik?
Im Baskenland haben wir Musiker immer eine ähnliche Rolle gehabt wie in Afrika. Wir sind Träger der mündlichen Tradition, wir geben wieder, was in der Gesellschaft passiert. Deshalb habe ich an verschiedenen Kampagnen für die baskische Unabhängigkeit teilgenommen. Wenn wir einen neuen Friedensprozess und eine politische Normalisierung erreichen, dann könnte ich vielleicht auch wieder für das Europaparlament kandidieren.
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Die Eta hat nach weniger als einem Jahr Waffenruhe wieder mit Anschlägen gedroht. Ist Gewalt ein legitimes Mittel um ein politisches Ziel zu erreichen?
Das kommt auf den Zusammenhang an. Die Situation in Palästina ist zum Beispiel anders als die im Irak. Im Baskenland sollte die Ära der bewaffneten Auseinandersetzung längst vorbei sein.
Immer wieder haben spanische Regierungen und Eta versucht, Friedensgespräche zu führen – sie scheiterten stets. Nachdem im Jahr 2004 der Sozialist José Zapatero Regierungschef wurde, gab es wieder Hoffnung. Im März des vergangenen Jahres rief Eta einen "permanenten Waffenstillstand" aus. Den kündigte sie allerdings schon im Dezember mit einem Bombenanschlag auf einen Flughafen faktisch auf und erklärte ihn dann am 5. Juni "offiziell" für beendet.
Am 8. Juni wurde daraufhin Arnaldo Otegi, Sprecher von Batasuna und ein wichtiger baskischer Politiker, verhaftet. Wegen Unterstützung des Terrorismus war er schon zuvor zu 15 Monaten Gefängnis verurteilt worden.
Wer trägt die Schuld am Scheitern des Friedensprozesses?