"Geht's hier zur Springintgut-Party?" -"Springintgut? Du meinst Pingipung!" -"Genau. Geht's hier zur Pingipung-Party?" - "Immer geradeaus, bis zur Autobahnbrücke."
Von Christoph Braun
Dieser Dialog hat tatsächlich stattgefunden. Wir lernen daraus, dass es bei Pingipung um Klang geht – also auch um darum, wie Sprache klingt. Der Wortwechsel deutet gleichzeitig an, dass Pingipung seinen Sitz in Lüneburg haben muss: "Springintgut" ist nämlich die nach einem mittelalterlichen Bürgermeister benannte Straße im Zentrum der Stadt, die sonst noch für Butterfahrt-Touristik und Heide-Romantik bekannt ist. Alte Ladekräne, prachtvolle Rathäuser, "hier hat Johann Sebastian Bach gewirkt". Und so.
Ein Label, das Partys unter einer Autobahnbrücke veranstaltet, kann nicht groß sein. Das Ordnungsamt würde so etwas nicht dulden - was, wenn ein Laster mal runterkippt und auf die tanzende Menge? Doch das Bedrohungsszenario liegt wohl unter der behördlichen Wahrnehmungsgrenze, weil die Organisatoren weder 25.000 noch 2.500 Besucher erwarten, sondern höchstens 250. Damit wäre der Dancefloor auch schon knüppelvoll. Zum dritten Mal veranstaltet Pingipung gemeinsam mit den
Schranzern
von
Sonic Fiction
eine Sommerparty zwischen den Betonpfeilern am Ufer des Flüsschens Ilmenau - "Schilfmusik 2006" heißt das dann.
Wenn der Staat sich doch mal blicken lässt, hat Pingipung-Gründer Nils Dittbrenner eine Strategie, die so einfach wie erfolgreich ist: "Die Polizei-Streife schaut meistens in der Nacht mal vorbei. Dann erzählen wir, dass die Kollegen letztes Jahr auch nichts dagegen hatten. Und dann ist gut."
Unter seinem Künstlernamen
Peter Presto
veröffentlicht Nils in diesen Tagen "Schön, dass du mal wieder reinhörst". Es ist sein erstes Album, und die Musik darauf lässt sich grob als "typisch Pingipung" einsortieren. Die Geschwindigkeiten variieren zwischen Zeitlupe und moderat mittelschnell, und Presto liebt die Offbeats des Reggae. Allerdings singen bei ihm Orgelsounds statt Rastafarians, und zwischendurch schiebt sich seine Passion für Computerspiele aller Epochen immer wieder in den Vordergrund. So entsteht Musik für das Sofa, auf dem verliebte Mediendesign-Studierende schmusen.
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Der Name des Labels klingt verspielt - und ist es auch. Kein musikalisches Konzept und auch keine subkulturelle Mission steckt dahinter, sondern eine Kindheitserinnerung: "Mein jüngerer Bruder hatte diesen Pinguin, den nannte er 'Pingipung'. Weil ich dieses Wort so gerne mag, ließ ich 1999 die Domain www.pingipung.de registrieren," erzählt Nils Dittbrenner vom Anfang. Inzwischen führt er das Label mit drei weiteren Freunden: Andreas Otto, Heiko Gogolin und Markus Engel, der unter dem Namen Mr. Tingle veröffentlicht, sind später dazugestoßen. Die vier kennen sich aus dem Studium der
Angewandten Kulturwissenschaften
. Dittbrenner hat gerade seine Arbeit über Soundchip-Musik in Computerspielen und damit auch seine Zeit an der Uni beendet.
Und jetzt? Eine Option ist der Ausbau des Labels, das sich getrost noch Kleinstlabel nennen darf - mit bisher acht Veröffentlichungen und Verkäufen unter der 1.000er-Auflagengrenze. Immerhin hat Pingipung in
Kompakt
einen Vertrieb gefunden, der in Sachen elektronische Musik einen guten Ruf genießt.