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Identität

Geschlechts-Akt

TEIL 2

Zehn Jahre lief sie mit "Maria-Hellwig-Brust" herum, acht Jahre lang ging sie zu einer Therapeutin, die jene ungelenk klingende "Geschlechtsidentifikationsproblematik" bei ihr diagnostizierte. Sie war es, die Inge Hoppe beibrachte, sich selbst ernst zu nehmen, und ihr so den Mut zu einer weiteren OP gab. Zum Jahresbeginn 2005 machte Inge Hoppe einen Termin bei einem Arzt im Elisabeth-Krankenhaus in Recklinghausen, um die Brust komplett entfernen zu lassen. Den 47-jährigen Chirurgen zu gewinnen war nicht einfach, "der hat sich gewunden wie ein Aal, er sagte, ,meine Aufgabe ist es doch, Frauen schöner zu machen’". Dass Inge Hoppe sich nur ganz flach ästhetisch fand, davon konnte sie ihn erst nach drei, vier Besuchen überzeugen.

Dann hatte die Hartnäckige den Arzt soweit. Am 25. Januar 2005 sollte der OP-Termin sein. Diesmal trug sie die Kosten allein, die psychiatrische Diagnose einer "transsexuellen Prägung" war der Krankenkasse nicht Grund genug, die Kosten zu übernehmen. Doch kurz vor der OP sagte sie panisch ab. "Ich hatte Angst, aus der Narkose nicht wieder aufzuwachen." Inge Hoppe schaut auf ihre Hände. Zum ersten Mal an diesem Nachmittag wirkt sie verletzlich, ihre Augen wandern durchs Café, als sie sich an das letzte Jahr erinnert.

"Als ich die OP im Januar abgesagt hatte, stürzte ich in ein schwarzes Loch" – Depressionen. Inge Hoppe ließ sich krank schreiben, igelte sich neun Monate in ihrer Wohnung ein. "Es war ein Herumbringen von Stunden". Lesen. Schlafen. Füttern ihrer drei Katzen Fairy, Mimi und Kiwi. Hauptsächlich aber dieses dumpfe Brüten, als würde sie wieder mit geschlossenen Augen durchs Leben gehen, sich aber diesmal beobachten dabei, ein unerträglicher Anblick – "ich war an einem Punkt, wo andere ihr Leben beenden."

In der Zeit lernte sie zufällig eine OP-Schwester kennen, die bei dem Chirurgen aus Recklinghausen arbeitete. Inge Hoppe fragte, ob sich auch kurzfristig eine OP vereinbaren ließe, damit ihre Angst vor der Narkose nicht wieder wochenlang Gelegenheit hatte, sie auszubremsen. Rein organisatorisch kaum möglich, aber Inge Hoppe setzte auch diese Ausnahme durch. Im August 2005 wachte sie auf aus ihrer Lethargie, ließ sich die Brust komplett entfernen. "Man darf sich nichts vormachen, der Oberkörper wird stark zerschnitten und sieht von den Narben her heftig aus.

Aber als die frisch Operierte anschließend in den Spiegel blickte, "war das der imposanteste Augenblick meines Lebens – ich fühlte mich wie ein Bergsteiger, der auf der Spitze des Mount Everest angekommen ist und endlich freie Sicht auf alles hat". Dreieinhalb Wochen später "machte ich den Rundumschlag": Inge ließ sich die Gebärmutter herausnehmen. Eine Operation für nochmals 7000 Euro, "aber ich hatte gutartige Geschwulste, sogenannte Myomen, so dass die Krankenkasse diesmal übernahm".

Seit gut zehn Monaten hat Inge Hoppe per Definition keinen weiblichen Körper mehr. "Das Gefühl des Glücks, mit dem ich jeden Morgen aufwache, war den Kampf wert." Einmal am Tag schmiert sie sich Testosterone als Gel auf ihren Bauch, um langsam aber sicher immer androgyner zu werden. Trotz der entfernten Gebärmutter bleibt ein "Restgefühl von Weiblichkeit", jener "Kern", den sie ihrer "Hülle" entgegen hält. Deshalb will sie sich keinen Penis formen lassen, auch ihren Vornamen nicht abändern.

Meine Ärztin meinte, ich sei beileibe nicht die Einzige, die sich mit ihrer Weiblichkeit nicht anfreunden könne, aber ich sei eine der wenigen, die die Dinge in Angriff genommen hätten", sagt Inge.

Sie meint aber auch, dass ihr Weg schwieriger sei, als der eines Transsexuellen, "bei dem es klare Grenzen gibt, den man katalogisieren, einreihen kann". Sie will sich nicht entscheiden müssen, nur weil der Gesellschaft mit einem geschlechtlichen Entweder-Oder wohler ist. Dann winkt sie der Kellnerin, "zahlen bitte!", der Tag ist noch jung und Inge hat viele Hobbies: Computer, Autos, Fußball, Technik. Puppen weniger. Die würde sie höchstens reparieren.

Weiterlesen im 3. Teil »


 
 



 

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