Vor den Spielen legen die Teams die Regeln fest. Tore, die von Mädchen geschossen werden, zählen meistens doppelt. Aggression ist verboten. Fouls werden meist sofort von ihren Urhebern angezeigt. Die Nummer Sechs vom Team aus Costa Rica will es zunächst nicht glauben, dass er seinen Gegenspieler aus Paraguay gefoult haben soll. Wütend winkt er zunächst ab. Seine Mitspieler nehmen ihn jedoch schnell in ihre Mitte und weisen ihn zurecht. Danach wird er ausgewechselt.
Der einzige, der hier laut werden darf, ist Luis Ramirez. Der Sportkommentator aus Paraguay kommentierte in seiner Heimat zehn Jahre lang Großereignisse wie die Olympischen Spiele oder die südamerikanische Champions-League. Jetzt ist er mit seiner unnachahmlichen Leidenschaft bei den Spielen in Kreuzberg dabei. Wie Maschinengewehrsalven schleudert er seine Worte ins Mikrofon und lässt keine Aktion auf dem Kunstrasen unkommentiert. Für den Durchschnittskreuzberger dürften seine Worte dabei völlig unverständlich bleiben.
Das Spiel fünf gegen fünf erfordert auf dem kleinen Platz höchste Aufmerksamkeit und vor allem Reaktionsschnelligkeit. Schnelle kurze Pässe und Wendigkeit führen hier zum Sieg. Im Tor ist dagegen oft Körpermasse das Erfolgsrezept: Besonders der Torwart der Brasilianer weist einen erstaunlichen Körperumfang auf, der sich als äußerst wirksam herausstellt.
Mit Weitschüssen hat vor allem das Team "Football Friends Balkan" Erfolg, das nach dem zweiten Spieltag in seiner Gruppe mit Abstand führt. Spieler aus Mazedonien, Bosnien & Herzegowina und Serbien sind dort aktiv. Staatsgrenzen, die durch die Politik abgesteckt werden, bleiben unberücksichtigt. Ebenso beim Team aus Israel und Palästina.
Für Liliane vom ruandischen Team "Espérance: Football pour la Paix" bringt der Straßenfußball vor allem eins: Unabhängigkeit von Männern. Die Tatsache, dass sie auf dem Platz gegen sie spiele, gebe ihr ein Gefühl von Selbständigkeit. Sie wolle mit ihrem Team aber auch die Folgen des Völkermordes in ihrem Land verarbeiten und für den Frieden kämpfen. Fußball und Ausgleich prägen auch Lilianes Berufsziel: Sie will Profischiedsrichterin werden.
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Den Völkergruppen Hutu und Tutsi, unter denen es vor etwa zehn Jahren noch zu grausamen Massakern gekommen war, will sich im Team des afrikanischen Landes kein Spieler mehr zuordnen. Sie spielen jetzt nur noch für ihre gemeinsame Heimat und die ist, unabhängig von allem was einmal war, Ruanda.
Am Samstag Abend wird in der Stahlgerüstarena am Kreuzberger Mariannenplatz das Finale ausgespielt.