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Großer Bruder

Überwachungsstaat für alle!

TEIL 2

Der „Sozial-Navigator“ – wie ich ihn mir vorstelle – ist mit zwei grundlegenden Funktionen ausgestattet: „Personen-Fahndung“ und „Blindsuche“.

Mithilfe letzterer wird meine penibel geführte Archivakte durchforstet: Neben meinen privaten Daten sind dort alle Personen vermerkt, deren Wege sich bisher mit meinen gekreuzt haben. Wenn ich nun anhand der „Blindsuche“ herausfinden will, wer sich heute in meiner Nähe aufgehalten hat, wen meiner Bekannten ich potenziell hätte treffen können, muss ich natürlich die Auswahl einschränken. Nicht alle Menschen, mit denen ich irgendwann mal im Fußball-Stadion oder an der Supermarkt-Kasse stand, können mich in diesem Zusammenhang interessieren. Hier kommen weitgreifendere Formen der Spionage ins Spiel: Allerorts, endlich auch in Privaträumen installierte Abhöranlagen ermöglichen, dass nur Personen, mit denen ich zumindest drei Sätze gewechselt habe, in die engere Auswahl kommen. Selbstverständlich kann dieser Bekanntheitsgrad-Filter aber beliebig fein oder grob eingestellt werden.

Die „Personen-Fahndung“ hingegen gewährt mir Einblicke in das Leben bestimmter, namentlich bekannter Personen – die gern, aber selten gesehene Schulkameradin oder den Verkäufer im Plattenladen, für den ich so schwärme. Meine Freundin in Barcelona habe ich auch im Blick, denn der „Sozial-Navigator“ funktioniert dank weltumfassendem Satelliten-Überwachungsnetz auf lokaler wie internationaler Ebene. Wieder werden die Wege der gewünschten Person in einem digitalen Koordinatenkreuz aufgetragen. Interessant wird es natürlich, wenn sich dieses Straßen-Raster dem meinen geografisch annähert. Plötzlich sehe ich dann den anderen und mich als Punkte auf derselben Karte herumwuseln. Kommen sich beide Punkte näher, berühren oder verpassen sich gar, sitzt das Schicksal in der Falle.

So scheint es zumindest. Das Wann, Wie und Wo kann ich mit meinem Sozial-Navigator verfolgen und daraus Erkenntnisse für meinen Alltag ableiten. Wenn ich morgen um 16 Uhr am Bahnhof auf den Zug warte, treffe ich wahrscheinlich meine Schulkameradin. Gehe ich am Samstag in jenen angesagten Club, könnte es sein, dass mein Schwarm plötzlich neben mir an der Theke steht. Zufälle lassen sich mithilfe des „Sozial-Navigators“ also provozieren.

Aber dem Schicksal ist leider nicht beizukommen. Solange nämlich nur die optischen und akustischen Signale der Menschen aufgezeichnet werden, bleibt das so bedeutende Warum – die Gedanken – unergründet. Da müsste schon eine universale Hirnkontrolle her, die alle privat-mentalen Entscheidungen und Geistesblitze dokumentiert. Dann endlich wäre das Leben planbar. Dann würde ich meine Mitmenschen in- und auswendig kennenlernen. Dann endlich wäre mein Dasein frei von Illusionen.


 
 



 

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