Anfang Mai veröffentlichte die Mediengruppe Telekommander ihr zweites Album Naeher am Menschen. Jetzt sind die Kommanders Florian Zwietnig und Gerald Mandl wieder auf Tour - der Zuender traf sie vor ihrem Auftritt in Heidelberg zum Gespräch über Gesellschaftskritik, Party und Deutschland.
Fragen von Patrick Kennedy
Gleich zu Anfang eine Frage, die auch aus der Regenbogenpresse stammen könnte: Stimmt es, dass einer von euch beim Konzert in Würzburg einen Strip hingelegt hat?
Florian: Ja. Wo hast du das gehört?
Das habe ich im Internet gelesen.
Florian: Aha. [Pause]
Und wie fühlt man sich nach so einer Aktion am nächsten Morgen?
Florian: Naja. ... Das war ein bisschen außerhalb des Konzepts. Das ist nicht wirklich etwas, das mit der Mediengruppe zu tun hat. Die Sache war eben die, dass Gerald die Bassseite gerissen ist. Und ich als Scherz dann, nachdem die Leute schon öfters "ausziehen" geschrieen hatten, gesagt habe: "Naja, wenn ihr euch auch auszieht, dann können wir das gerne machen..." - und ein Mädchen war dann gleich auf der Bühne und hat das dann gemacht. Und dann ist eins zum anderen gekommen.
Eure Konzerte sind einerseits Protest-Kundgebungen, andererseits Party. Wie passt das zusammen?
Gerald: Das war uns von Anfang an wichtig, diese Mischung aus Kritik und Party. Unsere Musik ist totale Live-Musik und ist daraufhin angelegt, dass sie live und bei einer hohen Lautstärke gut funktioniert. Tanzbarkeit und Grooves sind wichtige Faktoren, die in unserer Musik stecken. Textlich wollen wir natürlich nicht über so einen so-la-la-Scheiss singen, sondern über Sachen die uns wichtig sind, die augenfällig sind. Deswegen arbeiten wir die Dinge ein, die uns auffallen und interessieren.
Habt ihr dann nicht manchmal den Gedanken, dass nach dem Konzert nur die Party und der Hangover hängen bleiben?
[Gerald lacht.]
Florian: Also ich weiß nicht, das kannst du nie einschätzen. Das ist immer noch besser als wenn nichts hängen bleibt. Wenn dann hängen bleibt, dass man bei der Mediengruppe super abgehen kann, dass es da geil ist aufs Konzert zu gehen, dann ist das schon was. Es ist nicht so, dass wir uns als Botschafter sehen und dass eine Botschaft verstanden werden muss. Wir wissen von unserem eigenen Textverständnis dass man in solchen Situationen herzlich wenig mitbekommt - und die, die es interessiert, können sich auch die Platte holen.
Euer Bekanntheitsgrad wächst, eure Konzerte werden größer. Seid ihr noch Underground, seid ihr noch kredibel - oder schwebt ihr in einer Grauzone?
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Florian: Wir waren noch nie kredibel. [Beide lachen.]
Ich finde, das ist langsam so ein richtig veraltetes Bild. Das kannst du wirklich nicht sagen. Wir schreiben Texte und machen Musik die uns gefällt. Und den Weg den die nimmt, den finden wir immer noch super. Und wir würden uns auch freuen, wenn das so weiter wächst. Wir haben nicht angefangen Musik zu machen um immer in einem Kellerloch zu spielen. Sondern wir wollten Musik machen und schauen wie weit wir damit kommen.
Gerald: Es wäre auch Unsinn, an dem Punkt an dem wir jetzt sind, über Ausverkauf zu sprechen, denn der findet einfach tatsächlich nicht statt.
Euer neues Album,
Naeher am Menschen
ist etwas ruhiger und reflektierter. War eure Studiozeit 2005 auch Zeit darüber nachzudenken, was 2004 alles passiert ist?
Florian: Ja, das sieht man ja bei
"Bild dir deine Meinung"
(mp3-Link)
schon. Ein ganz großer Einfluss bei diesem Album war, was uns in diesen Jahren alles passiert ist. Und generell dann auch eine Zuwendung zu einem Mikrokosmos hin, zu Themen, die näher am Menschen sind und näher an dem, was uns so passiert ist.
Gerald: Wir haben das Tempo ein bisschen rausgenommen und wollten das Ganze ein wenig clubbiger und danciger gestalten - deshalb sind nicht mehr alle Songs über 150 Beats per Minute, wie auf dem ersten Album, das immer nur permanent nach vorne geht. Wir wollten auch ruhigere Momente auf dem Album schaffen.
Eure Texte auf
Naeher am Menschen
beschäftigen sich viel mit Identität. Sind wir alle nur noch Baustellen und Werbeträger für die Lifestyle-Industrie?