Fussball
Friede den Bruchbuden
TEIL 2
Dabei sind die Bayern längst nicht mehr das Feindbild, dass sie in den Neunzigern abgaben, als Manager Uli Hoeneß beim Einlaufen ins Stadion mit Münzen beworfen wurde und das Stadionmagazin anlässlich eines Bundesligaspiels den "Klassenkampf" ausrief. Spätestens seit Hoeneß den Verein 2003 mit einem Benefizspiel vor dem Zwangsabstieg in die Vierte Liga rettete, ist das Verhältnis der St. Pauli-Fans zu den Bayern merkwürdig gespalten. Sicher sind die Münchener immer noch Krösus der Liga, doch inzwischen gibt es längst verwerflichere Modelle der Vereinsführung. Da sind die Werksvereine Wolfsburg und Leverkusen, da gibt es offenbar unseriös finanzierte Aufblasklubs wie Schalke oder Dortmund. Da ist - natürlich - der HSV und die traditionell ungeliebte Hertha aus Berlin. Nein, selbst als eingeschworener Linker hat man es schwer, den hin und wieder sogar sozial tätigen Hoeneß und seinen Verein als Bad Guy des deutschen Fußballs hinzustellen.
Ein Stellvertreterkrieg der politischen Ansichten wird dieses Spiel nicht werden. Es wird ein Wettrennen zwischen einem Porsche und einem Polo, wahrscheinlich ein demütigendes für den Polo. Doch vielleicht geht dem Fahrer auf halber Strecke das Benzin aus, vielleicht fährt er die falsche Strecke. Es ist der alte Kampf um das Unmögliche. Und den kennt man gut auf St. Pauli. "Realität ist was für Leute, die mit Drogen nicht umgehen können" schrieb mal ein St. Pauli-Fan. Welch ein Erdbeben wäre der Einzug der verarmten Kiezkicker in das Pokalfinale. Man wünscht es sich, um der Gerechtigkeit willen und weil es glücklich macht zu sehen, dass ein Chancenloser die übermächtigen Umstände besiegen kann. Realitätssinn ist genau das Falsche für heute Abend.