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Weissrussland

"Für meine Eltern ist der Fernseher wichtiger als mehr Freiheit"

TEIL 2

Alesia wird den Kandidaten der Opposition wählen. Sie unterrichtet für 80 Dollar im Monat in einem Städtchen in der Nähe von Grodno. Ihre Schule ist vollgehangen mit Plakaten von Alexander Lukaschenko: „Für Belarus“ lautet der Slogan, das Design erinnert an die Sowjetunion. Ihre Eltern werden „das Väterchen“ wählen, wie der Präsident im Volk genannt wird. „Sie wissen einfach nicht, wie arm sie eigentlich dran sind“, erklärt sie ruhig. „Für meine Eltern sind der neue Fernseher und das gebrauchte Auto auf dem Hof wichtiger als ein bisschen mehr Freiheit.“ Alesia würde gerne in Polen ein Aufbaustudium absolvieren und als Übersetzerin für Russisch, Weißrussisch und Polnisch arbeiten. Aber die Kontakte ins Ausland werden immer mehr eingeschränkt, alle Aufträge werden von staatlichen Betrieben vergeben. Deshalb wählt sie am Sonntag Aleksander Milinkiewicz, den bärtigen Oppositionskandidaten – weil er nach Westen blickt und Weißrussland in Europa sieht. „Ich glaube nicht an die Kraft der Demokratie, unsere Menschen hatten noch nie Gelegenheit, zu lernen, was das bedeutet. So bleibt nur, zu Gott zu beten und eine Familie zu gründen. Alles andere ist unwichtig.“ Das Problem besteht nun darin, den richtigen Mann zu finden, einen, der nicht zum Alkohol neigt, anderen Frauen nicht nachsteigt und trotzdem bereit ist, in der Kleinstadt zu bleiben.

Janek lacht: „Natürlich werde ich den Präsidenten wieder wählen!“ In der Grodnoer Bezirksverwaltung, wo er als Archivar arbeitet, werden alle Mitarbeiter schon in den Tagen vor der Wahl an die Urne zitiert. Die Direktorin weiß, dass Oppositionsstimmen Ärger verursachen, also bittet sie vorher alle unsicheren Kandidaten unter ihren Mitarbeitern zum Gespräch. Doch Janek lässt sich nicht lange bitten: „Diese Marionetten des Westens, diese Schlappschwänze, die noch nie in ihrem Leben etwas vollbracht haben, werde ich ohnehin nicht wählen“, sagt er mit einem breiten Lächeln auf den Lippen. Für ihn zählt etwas ganz anderes: „Ich will in Ruhe meine Bücher schreiben, das kann ich nur, wenn Weißrussland und Russland eng miteinander verwoben sind.“ Nach dem Theologiestudium in einem orthodoxen Kloster hat ihm seine Frau klar gemacht: „Janek, wenn sie Dich in die Provinz versetzen, wirst Du das Handtuch werfen – wir bleiben in der Stadt!“ Seitdem schlägt er sich mit dem Verfassen von Büchern für einen russischen Verlag durch. Letztens hat er eins über das Renovieren von Wohnungen geschrieben, dann folgte ein populärwissenschaftliches Werk über die Tradition des Judentums und wenn der Verlag wollte, würde er auch eins über Witze während der Oktoberrevolution schreiben. „Mein Traum ist, meine Erinnerungen an das Kloster aufzuschreiben, das strenge Regime und unsere ständigen Versuche, auszubrechen, eine zu Rauchen oder auf Ausgang mit den Mädels in der Stadt anzubändeln. Das war eine irre Zeit.“ Doch vorerst heißt es, die Familie durchzubringen. Deshalb geht Janek brav jeden Tag auf Arbeit, wo es eigentlich nicht viel zu tun gibt. Die Wahlen werden daran nichts ändern.

Weiterlesen im 3. Teil »


 
 



 

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