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Quote

Deutsch per Gesetz?

Was ist eigentlich aus der Diskussion um eine Quote für deutsche Musik im Radio geworden? Hat sich das Musikprogramm seit letztem Jahr verändert? Oder die Umstände? Ein Blick zurück und einer nach vorn.

Vor fast zehn Jahren bekam Heinz Rudolf Kunze sein Fett weg. Politiker, Musikerkollegen und die Medien droschen auf ihn ein, warfen ihm "Deutschtümelei" und "Rückbesinnung auf Nationalismus" vor. Sogar als "geistiger Ausländerfeind" wurde er bezeichnet. Warum? Er hatte eine feste Quote für deutsche Musik im Radio gefordert.

So verwunderlich es für manchen gestandenen Kollegen war, dass ausgerechnet Kunze als Sprecher der deutschen Musikszene in Erscheinung trat, so wenig verständlich war die Schelte. Unbemerkt von der Öffentlichkeit war das Quotengespenst schon seit Jahrzehnten durch die Rundfunkräte der Sendeanstalten gegeistert. Kunze tat nichts weiter, als es der deutschen Öfffentlichkeit zur Diskussion vorzulegen.

Dies war der Startschuss für einen Diskussions-Marathon, an dem sich in den letzten zehn Jahren mehr und mehr Musiker, die Industrie und auch der ein oder andere Politiker öffentlichkeitswirksam beteiligten. Zwischenzeitlicher Höhepunkt im Rennverlauf: Die Popkomm 2004 in Berlin. Im Zuge der Musikmesse wurden die Beteiligten sogar zu einer öffentlichen Bundestagsanhörung geladen. Also kamen ARD, Privatsender, Politiker, Musikindustrie und Musiker im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus zusammen und tauschten Argumente, nein: Positionen aus.

Eine echte Diskussion kam nie zustande. Vielmehr beharrten alle Parteien auf ihren Forderungen, entweder nach einer Quote oder nach Beibehaltung des Status Quo. Der Vorsitzende des deutschen Phonoverbands, Gerd Gebhardt, forderte eine 50:50-Regelung. 50% Neuheiten, davon 50% deutschsprachige Titel sollten im Radio gespielt werden. Der Hintergrund: Gebhardt wollte deutschen Nachwuchskünstlern eine Chance geben, die sie seiner Meinung nach im Hörfunk nicht bekämen. Eine ähnliche Intention hatte die Forderung von Peter James, dem Chef des Indie-Label-Verbands VUT . Auch er sah die in Deutschland entstehende Musikkultur im Rundfunk nicht adäquat repräsentiert. Er forderte eine Quote, jedoch nicht für deutschsprachige Musik, sondern "für mehr Musik von hier" - solche also, die in Deutschland entsteht und hier produziert wird, egal, ob sie nun vom griechisch singenden Aggro-Rapper oder von der kroatisch-englischen Metal-Combo stammt. Inga Humpe, Frontfrau der Berliner Band 2Raumwohnung, regte sich über das "Spiel mit Unwahrheiten" in Bezug auf angebliche Hörerwünsche auf. Damit spielte sie auf die gängige Praxis der Telefonerhebungen an, bei denen dem Hörer in kurzer Zeit kleine Teile von Songs vorgespielt werden und dieser dann nach seinem Favoriten gefragt wird. Neuheiten haben bei dieser Erhebungsmethode wenig Chancen, üblicherweise entscheidet sich der Hörer für Altbekanntes. Die Radiosender hingegen verteidigten diese Methode, beharrten auf ihrem Programmauftrag und betonten, sowieso nur das zu spielen, was die Hörer auch wollten. Zur gleichen Zeit stimmten die Bundestagsabgeordneten Antje Vollmer, Claudia Roth und Wolfgang Thierse in den Chor ein, der mehr Kultur im Radio, also stärkere Präsenz der deutschen Musik forderte: In Frankreich funktioniere die Quote doch auch und das sehr gut.

Am Ende gab es einen kunterbunten Mix aus Thesen, irgendwo zwischen dem Unmut über schlechtes Radioprogramm, kultureller Sorgfaltspflicht, im Stolz gekränkten Musikern, dem Wunsch nach unabhängigem Hörfunk und dem Hoffen auf finanziell bessere Zeiten. Der Bundestag verabschiedet schließlich im Dezember 2004 noch einen Antrag zur Einführung einer freiwilligen Selbstverpflichtung der Sender, bevor der Diskussion 2005 dann die Luft ausging.

Doch was bewirkt die Quote und ist sie überhaupt umsetzbar? In Frankreich existiert tasächlich seit 1996 eine Quote für französischsprachige Musik. Wahr ist auch, dass die französische Musik in den letzten Jahren einen Aufschwung erfahren hat. Die Quote ist dort jedoch nur ein kleiner Teil eines ganzen Maßnahmenbündels. Die Schaffung eines Musikexportbüros sowie eines umfassendes Netzwerk zur Unterstützung junger Bands mit Proberäumen, Instrumenten und Lehrern und vor allem die nunmehr zentral organisierte Förderung der französischen Musik mit einem finanziellen Umfang von ca. 11 Mrd. Euro fallen weit schwerer ins Gewicht. Gegen diese geballte Initiative schneidet schneidet Deutschland mit seinen 3 Mrd. Euro jährlich vergleichsweise schlecht ab. Und das zentralistische Frankreich kann schon aus verfassungsrechtlichen Gründen kein Vorbild sein. Deutschland ist föderal organisiert, auch und besonders im Medienbereich. Jedes einzelne Landesparlament müsste also ein eigenes Gesetz verabschieden, eigene Rundfunkstaatsverträge erstellen. Dazu kommt: Die Forderung nach einer Quote für in Deutschland produzierter Musik ("Musik von hier") ist nicht mit dem Europäischen Wettbewerbsrecht vereinbar. Juristisch ging in der Diskussion offensichtlich einiges durcheinander. Das Vorpreschen der MdBs Vollmer, Roth und Thierse entbehrte einer seriösen Grundlage.

Nach dem Aufkommen der neuen deutschen JuliHeldenSilbermond-Welle wurde überraschenderweise auch die Plattenindustrie still. Phonoverbandschef Gebhardt sagte im September 2005, das Wort Quote habe er seit einem Jahr nicht mehr in den Mund genommen. Zur gleichen Zeit verlangsamte sich auch die Talfahrt der hiesigen Plattenfirmen, was den Verdacht nährt, die Industrie habe die Quote nicht gefordert, um deutschsprachige Musiker, sondern ihre Gewinne zu pushen. Man kann davon ausgehen: In Deutschland wird es keine Quote für Musik im Radio geben.

Weiterlesen im 2. Teil »


 
 



 

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