Schule
Islam auf dem Plan
TEIL 2
Dabei will die neue Landesregierung es aber nicht bewenden lassen und flächendeckend regulären Religionsunterricht für alle muslimischen Kinder und Jugendlichen von der Grundschule bis zur 10. Klasse einführen. Regulärer Islamunterricht, das bedeutet: in deutscher Sprache, von der Glaubensgemeinschaft über Lehrpläne mitgestaltet und mit einem Glaubensbekenntnis. Armin Laschet, der bundesweit erste und einzige Integrationsminister, macht sich dafür stark: "In NRW hat inzwischen jeder Vierte eine Zuwanderungsgeschichte. Zu gelungener Integration gehört auch, dass islamischer Religionsunterricht als reguläres Schulfach angeboten wird. Bereits 1997 hatte die damalige nordrhein-westfälische Schulministerin Gabriele Behler bei einem Türkeibesuch mit dem Bildungsminister Gespräche darüber geführt. Beide Politiker hatten ihre Absicht bekundet, einen solchen Unterricht einzuführen.
Gescheitert ist die Einführung des regulären Unterrichts bislang unter anderem daran, dass die vier größten islamischen Verbände keinen zentralen Ansprechpartner benannt haben. Ohne eine klare Mitgliederstruktur wie beispielsweise bei den Kirchen und einen eindeutig demokratisch organisieren Dachverband tun sich die Gerichte schwer, die einzelnen Gruppen als Glaubensgemeinschaft anzuerkennen. Und nur eine solche hat nach Artikel 7 des Grundgesetzes Anspruch auf Religionsunterricht in der Schule. Als zwei der Organisationen, der Zentralrat der Muslime (ZMD) und der Islamrat, auf Verletzung ihres Rechtsanspruchs klagten, wies das Bundesverwaltungsgericht die Klage Anfang des Jahres auch mit der Begründung ab, bei den beiden Dachverbänden handele es sich nicht um Religionsgemeinschaften sondern um politische Organisationen.
Der Unterricht wäre eine Anerkennung und Integration läuft über Anerkennung
Und tatsächlich will sich der größte Verband, die Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion (DITIB), wegen unterschiedlicher Ansichten nicht mit den anderen an einen Tisch setzen. Er ist abhängig vom Präsidium für Religionsangelegenheiten der Türkischen Republik (DIB), das wiederum dem türkischen Ministerpräsidenten unterstellt ist, und vertritt nach eigenen Angaben etwa 70 Prozent der Muslime in Deutschland. ZMD, Islamrat und der Verband Islamischer Kulturzentren (VIKZ) sind kleinere Organisationen, haben aber etliche Unterverbände, die teilweise vom Verfassungsschutz beobachtet werden. Sie vertreten nach eigenen Angaben etwa 15 Prozent der Muslime. CDU-Integrations-Minister Armin Laschet will sich weiter um einen zentralen Ansprechpartner bemühen und hat erste Gespräche mit der DITIB geführt.
Die Verbände-Debatte hält Erol Pürlü, Öffentlichkeitsreferent beim VIKZ, für eine Scheindebatte. Auch, wenn wir anders organisiert sind als die christlichen Verbände, sind wir bereit, zu kooperieren. Durch die Strukturdebatte wird alles blockiert. Wir sind für den regulären deutschen Islamunterricht, wenn die Glaubensgemeinschaft mit eingebunden wird. Mounir Azzaoui, Pressesprecher des ZMD, ist ebenfalls für den regulären Religionsunterricht. Den NRW-Schulversuch sieht er genau so wie die anderen islamischen Verbände kritisch: Zu sehr sei das Curriculum auf Konfliktthemen ausgerichtet, zum Beispiel das Tragen des Kopftuches, es gebe fundamentale Unterschiede zu einem Religionsunterricht mit Glaubensbekenntnis. Wenn es regulären Unterricht gäbe, könnten wir in den Moscheen Eltern und Kinder ganz anders motivieren, das Fach zu akzeptieren, sagt er. Auch der Islamrat hofft auf eine baldige Einführung des Unterrichts. Wir haben lange genug gewartet, leben fast ein halbes Jahrhundert hier. Der Unterricht wäre eine Anerkennung und Integration läuft über Anerkennung, sagt der Vorsitzende Ali Kizilkaya.
Weiterlesen im 3. Teil »