Selbst in besseren Elternhäusern wird meist nicht die HIV-Frage diskutiert. Man redet über Empfängnisverhütung, aber nicht über AIDS. Da waren wir schon mal weiter. Es gab Jahre, da hatte man immer einen Pariser in der Tasche stecken. Da müssen wir wieder hinkommen. Auch in dem Augenblick, wo ich jemandem kennen lerne und es heißt: Gehen wir zu dir oder zu mir? Diese Frage wird oft nicht gleich mit HIV verbunden. Das ist das Drama der Prävention. Der Umgang mit Verhütung muss Routine sein.
Wie groß ist die Scheu vor einem AIDS-Test?
Der AIDS-Test hat eine große psychosoziale Dimension. Das wird alles nicht mal eben so gemacht. Dennoch gab es früher, als die medizinischen Therapien weitaus schlechter waren, eine wesentlich kritischere Haltung gegenüber dem Test. Im Zweifelsfall sage ich immer: Hingehen und einen Test machen. Denn heutzutage ist es gut, frühzeitig zu wissen, ob ich HIV-positiv bin, um rechtzeitig mit einer erfolgreichen Therapie beginnen zu können.
Was meinen Sie mit der psychosozialen Dimension?
Der Test sollte niemals ohne eine persönliche Auseinandersetzung und eine Beratung gemacht werden. Man muss darüber nachdenken, was passiert. Was mache ich, wenn der Test positiv ausfällt? Es wäre fatal, eine Woche hinzulaufen und den Test zu machen, sich aber ansonsten völlig unsafe zu verhalten. Der Test reagiert ja erst zwölf Wochen nach einer möglichen Ansteckung. Wenn ich also zwölf Wochen rumvögele, aber sage, ich mache doch jede Woche den Test, wird schon gut gehen, bleibt ein extremes Risiko.
Wo kann man einen AIDS-Test machen?
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Jeder Arzt kann den Test machen, wogegen aber einiges spricht. Die Ärzte sind oft nicht in der AIDS-Beratung geschult, der Test kostet Geld und das Ergebnis wird aktenkundig, was Konsequenzen haben kann. Besser ist der Test beim Gesundheitsamt, wo das Ergebnis anonym bleibt.
Und dann?
Muss man meist eine Woche warten. Der Termin wird vorher ausgemacht. Witzig ist diese Zeit natürlich nicht. Jeder, den ich kenne und der den Test gemacht hat, sagt: Ab dem Moment, wo mir das Blut abgenommen wurde, bis ich es erfahren habe, bin ich durch die Hölle gegangen.
Welche Gruppen infizieren sich in Deutschland am ehesten?
70 Prozent Schwule, 20 Prozent Heterosexuelle, 9 Prozent Drogensüchtige, die spritzen. Bei einem Prozent überträgt sich HIV während der Schwangerschaft von einer HIV-positiven Mutter auf das Ungeborene. Man kann aber heute medizinisch dafür sorgen, dass eine Übertragung auf das Kind nicht stattfindet.