Hunger
Menschenrecht Essen
Eines der
Milleniumsziele der Uno
lautet, bis 2015 die Zahl der
Hungernden zu halbieren. Obwohl es genügend Lebensmittel auf der Welt
gibt, ist es noch ein langer Weg dorthin. Um das Ziel zu erreichen,
gibt es nicht nur eine Möglichkeit, sich zu engagieren
Crisse Küttler
In den Radionachrichten hörte Julia Rometsch von einem Schiff, dass vor der Küste Somalias von Piraten gekapert wurde. Es sollte Hilfsgüter an die afrikanischen Tsunamiopfer liefern. „Ich habe das gehört und mir gedacht: Da muss ich mal nachforschen, was gerade in Somalia passiert.“ Julia setzt sich für das Recht auf Ernährung ein. Denn neben den bekannten politischen existieren noch die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Menschenrechte. Doch das hat nichts mit Hilfslieferungen in Krisengebiete zu tun.
Die Organisation, für die sie ehrenamtlich tätig ist, nennt sich
Fian
und ist recht unbekannt. Statt Nahrungsmittel an Hungernde zu
verteilen, soll den Notleidenden geholfen werden, sich selbst zu
versorgen. „Es geht nicht um das Recht auf Nahrung, sondern um das
Recht sich zu ernähren“, sagt Julia. Ihre Aufgabe besteht darin,
Kontakt mit Regierungsmitgliedern und öffentlich relevanten Personen
aufzunehmen, um den Hungernden eine Öffentlichkeit aufzubauen und so
Druck auf die Verantwortlichen auszuüben.
Ihre Gruppe, die zum Welternährungstag in wenigen Tagen ausgerufen hat, veranstaltet außerdem einen Workshop und eine Ausstellung im Haus der Demokratie in Berlin. Die Schaubilder liegen bereits fertig ausgedruckt auf dem Fußboden in Julias Zimmer. Morgen werden die Stellwände ausgeliehen, dann muss noch gekocht werden bis schließlich die letzen Vorbereitungen abgeschlossen sind. Die anderen aus ihrer Gruppe sind ebenfalls Studenten oder Berufseinsteiger und Mitte Zwanzig.
Die Ausstellung und der Workshop befassen sich mit der Arbeit der
Nichtregierungsorganisation (NGO)
und erklären diese beispielhaft am
Land Indien. Die Berliner Gruppe befasst sich mit dem
Schulspeisungsprogramm in Uttar Pradesh, einem der verarmten nördlichen
Bundesstaaten. Das Ziel ist, dass jedes Schulkind mit einer gekochten
Mahlzeit versorgt wird. Um dieses durchzusetzen, haben die Berliner
Briefe an die Ministerpräsidentin und die Menschenrechtskommission
geschrieben. Zwei der Mitglieder sind sogar in das Projektgebiet
gereist, um sich vor Ort für das Ziel einzusetzen. Einer von ihnen war
Kai-Roman Ditsche-Klein.
Für eine Woche besuchte er auf eigene Kosten ein Dorf in Indien, denn
die Kommunikation mit den Dörfern war von Deutschland aus nicht
einfach. Die meisten sind ohne Internetanschluss und die Bewohner
sprechen kaum Englisch. „Der Eindruck war überwältigend“, sagt
Kai-Roman – im Positiven wie im Negativen: „Du konntest einen Espresso
im Café trinken, während vor der Tür ein Leprakranker bettelte.“
Trotzdem fühlte er sich sehr schnell wohl. „Es ist etwas anderes, wenn
man sieht, was los ist.“
Dass das Ziel erreicht und der Fall gelöst werden konnte, gibt Julia
zu, war in erster Linie nicht ihrer Arbeit zu verdanken: „Der indische
Fian-Mitarbeiter hat diverse Demonstrationen und Treffen organisiert.
Die Schulkinder sind auf die Straße gegangen und haben gesagt, wir
wollen ein Mittagessen. Und auch der Supreme Court in Indien ist sehr
deutlich geworden und hat auf eine Umsetzung gedrängt.“ Dennoch ist es
ein besonderes Erfolgserlebnis: Wenn nun die Kinder in Uttar Pradesh
ein warmes Mittagessen bekommen, hat auch sie etwas dazu beigetragen.
Julia ist durch ein Seminar in der Uni auf ein Projekt des Fian
gestoßen, das sie neugierig gemacht hat. „Das hat mich angesprochen und
dann habe ich auf die Internetseite geschaut und festgestellt, dass sie
das
Lokalgruppenprinzip
haben und dass in den Lokalgruppen auch
tatsächlich Fälle bearbeitet werden.“ Und das ist wesentlich mehr als
man bei vielen anderen NGOs machen kann, weil Aktivismus mit
Expertenwissen kombiniert wird. Dadurch, dass Leute aus vielen
verschiedenen Bereichen zusammenfinden, besitzt die Gruppe einen großen
Wissensfundus.
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